Der Dorfladen – Angelpunkt der Gesellschaft

Heute sind wir viel gefahren, insgesamt 170km dürften es in etwa gewesen sein! Die Fahrt erstreckte sich fast ausschliesslich durch waldige Steppe – wonderful!

Am Ende unserer Kräfte erreichten wir schliesslich das Dorf Četereže mit seinen Schätzungsweise 100 Einwohner. Während sich die Kinder auf dem Fussballplatz austobten haben die Männers auf der Treppe des Tante-Emma Ladens ihr Feierabendbier getrunken und genau da haben wir uns hingestellt und uns ebenfalls ein Bier gegönnt.
Alle haben sich gefreut und die Kinder fuhren ständig mit ihren Rädern vorbei und habe „Hello“ gerufen, aber bestimm 20 Mal, bestimmt ne Mutprobe! Irgendwann kamen sie dann auf einmal mit Hundewelpen angelaufen, wie süss!
Einer der Männer sprach auch Deutsch, oder besser Österreichisch. Hier in Serbien scheint es einige Menschen zu geben, die in Österreich gearbeitet haben und jetzt zur Rente wieder zurück „nach Hause“ gezogen sind. Mit ihrer Rente von 1500 Euro im Monat verglichen mit dem Durchschnittsgehalt von 400 Euro leben Sie hier sehr gut, so hat uns hier auch ein Mann erzählt, dass er 38 Jahre in Österreich gearbeitet hat und das „da Drübern“ sein Grundstück ist. Ausserdem hat er grade 200 Liter Schnaps gebrannt.

Wieder wurden wir sehr herzlich empfangen, wir sind weiterhin begeistert von Serbien und der Gastfreundschaft hier.

Zum Abendessen gab es Spaghetti in Parmesanklumpensauce, war so lala, ja ich hab’s hart verkackt. Dafür schauen wir jetzt das „Schweigen der Lämmer“!

Gute Nacht!

UPDATE (von Runa am nächsten Morgen): Doch nicht gute Nacht – als Marco gerade diesen Eintrag online gestellt hat, klopfte es an unserer Tür und der Österreicher brachte uns eine ganze Tüte mit Pfirsichen als Geschenk vorbei. Kurz darauf (wir hatten bereits den Plan gefasst, uns statt Filmgucken wieder nach draußen zu den Dorfleuten zu setzen) klopfte es erneut und ein anderer Mann rief in gebrochenem Deutsch „Kommt raus!“ zusammen mit einer einladenden Handbewegung. Prompt bekamen wir von ihm jeder ein Bier in die Hand gedrückt und Miki (kurz: Mik – sein vollständiger Name sei laut eigener Aussage zu kompliziert) wurde an dem Abend noch zu unserem besten Freund… 🙂

Endlich Wieder Online

Jaaaaa es ist so wunderbar, wir haben Internet, das funktioniert!
Gleich nach dem Kaffee um 8 fanden wir uns plötzlich beide am Laptop wieder. Runa hat Fotokram gemacht und ich habe mit Instagram rumgespielt. Instagram ist ja mal echt der allergrösste Scheiss, wie asozial kann Social Media bitte noch werden?
Um 12 ist uns dann aufgefallen, dass wir mal was frühstücken sollten. Runa hat uns leckere Brote gemacht. 🙂
Irgendwann kam noch eines dieser alten Dacias angefahren und ein Typ (Angler) quatschte uns an, er sagte wir können an seinem Ufer angeln. Er sagt einfach, dass das sein Angelzeug ist, falls wer fragt. Wir haben uns bedankt, aber sind dann doch nicht Angeln gegangen.
Etwas später kam noch jemand, der hat sich als Besitzer des Grundstückes auf dem wir gerade stehen entpuppt – au weia – Wir sollen auf das andere Grundstück, da gibt’s Schatten, da schwitzen wir nicht so wie hier – das andere ist auch seins. Ausserdem die zwei „da drüben“ auch! Ja danke, aber wir mussten ja leider unsere Batterien laden zum Abnerden, also blieben wir in der Sonne.

Die Nerdzeit hat sich gelohnt, wir haben uns gegen Instagram und für Waldigram entschieden! Schaut euch einfach das Menü auf dieser Seite genau an, es gibt jetzt Cockpitromantik!

Der Tag geht jetzt langsam dem Ende zu, wir bleiben noch eine Nacht, hier ist es wirklich sehr schön und auf dem Herd steht schon eine leckere Tomatensauce die ich aus Resten zusammengewürfelt habe.

MiauMiau

The Sheep-Iron-Gate

Die Nacht hatten wir in Donji Milanovac im Djerdap Nationalpark an der Donau verbracht, nachdem wir gestern im einzigen Restaurant WLan gegen zwei Cola getauscht hatten. Unser Skyroam funktioniert in Serbien extrem schlecht, wir haben quasi kein Internet, brauchen wir eigentlich auch nicht, aber zumindest mal eine Karte der Umgebung herunterladen wäre schon ganz nice. Gestern hatte ich noch einen langen von Unterbrüchen geplagten Chat mit Skyroam, die geben das Problem jetzt an den 2nd Level Support weiter. Ich bin mir sicher, es liegt daran, dass die Roaming Endstelle in den USA liegt, eine Latenz von 300ms muss zwangsläufig zu vollen TCP Buffern führen, warum terminieren die auch in den USA, alle anderen Europäischen Länder terminieren in Europa. Mein Leben ist geprägt von Problemen, die ich ohne IT nicht hätte, für die ich ohne IT aber auch keine andere Lösung wüsste – was soll’s.

Nach dem Frühstück, bestehend aus Kulen Wurst in Supermarkt Qualität, schlechtem Toastbrot und ziemlich leckerem Türkischen Kaffee, welchen wir neuerdings in unserem extra angeschafften Kännchen zubereiten ging es weiter. Wir fuhren Richtung Iron Gate, das ist so eine Schlucht, unten die Donau, ziemlich schön und am Ende eine Art Staudamm.

Eigentlich wollten wir da ein wenig Wandern, aber die Schlucht ist sehr steil und das Wandern wäre sehr asozial, also haben wir uns entschieden einfach hochzufahren und da oben zu spazieren. Doch oben angekommen standen wir plötzlich in der Einfahrt eines Bauernhofes, wollten umdrehen doch da lief auch schon ein Typ auf uns zu. Ja gut, dann warten wir halt kurz.

Nachdem uns der Mensch eine Hand voll Birnen geschenkt hatte, lud er uns zu sich ein, er war der Sohn, mit dabei waren sein Bruder, der original (wirklich) aussah wie „Nacho“ aus Breaking Bad, seine Mutter und seine Oma. Uns wurden also erst einmal die Schafe gezeigt, als er die Tür öffnete sprang ein junges Lamm heraus, welches er gekonnt zurückgedrängt hat. Im Stall waren dann noch mehr der Schafe und Lämmer, eines hatte einen Fussballgrossen Sack oder Euter, welcher bis zum Boden hing – Tumor – sagte er. Wieder draussen zeigte er uns noch die Schafweide. Die Schafe weideten in einem Gehege, dazwischen Hühner und zwei grosse schwarze Flecken auf dem Boden mit Überresten von Müll. Der Müll wird hier offenbar noch händisch im Garten verbrannt – zwischen den Schafen. „Very good, Organic Sheeps!“ sagte er uns. 🙂 Achja und den Hund hatten wir auch noch kennngelernt, eine Serbische Rasse, bekannt dafür alle Wölfe in die Flucht zu jagen.

Zurück im Garten bei der Familie bekamen wir noch ein Getränk, ich dachte schon die füllen uns jetzt ab, aber es war glücklicherweise eine selbstgemachte Limonade aus Serbischen Blüten, total gut.

Nachdem uns Milan noch voller Stolz von seinen Freunden aus Belgrad, seinem Jetski, seinen Traktoren und seiner Heuballenmaschine erzählt hat, haben wir unser Wasser aufgefüllt und uns verabschiedet. Eine echt nette Familie!

Der Weg führte uns schliesslich nach Velesnica – auch an der Donau – wo wir jetzt auch die Nacht verbringen. Das Internet ist wieder hervorragend, da wir Verbindung nach Rumänien haben! Ohne Internet kein Blog! (jaja liebes Iltismädchelein, der Zwinkerzwinker geht an dich).

Bis morgen!

Trüffel, Techno und Teile.

Innerhalb von zwei Tagen sind wir mal eben schnell (d.h. in Bestzeiten auch mal mit 70km/h) durch Ungarn gecruist. Der Grenzübergang von Slowenien nach Ungarn war leer. In drei Tagen würde es hier wohl anders aussehen, da am 1.9. die ungarische Grenze dicht machen soll. Eine Übernachtung in Ungarn haben wir uns dann doch gegönnt. An einem Badesee in Kristolmacs. Highlight des Abends: Marco hat zum ersten Mal Shakshuka gekocht. Vielleicht wird er das Rezept – original nach Dr. Shakshuka – bald mit euch teilen. Am nächsten Tag wurde es ernst. Unsere erste „richtige“ Grenzkontrolle stand bevor, da wir mit Serbien das erste Nicht-EU-Land befahren würden. Naja, so richtig motiviert waren die Grenzbeamten dann doch nicht. Aber unseren Bus fanden sie cool. So ging es also am Abend vom 30.8. relativ unspektakulär auf serbische Straßen und wir haben uns auf Anhieb sehr wohl in dem Land gefühlt.

Was war nochmal am 31.8.? Ach ja, Marcos Geburtstag! Er hat sich gewünscht den Tag in Serbien zu verbringen – check! Zur Feier des Tages haben wir uns für zwei Übernachtungen auf einem Campingplatz niedergelassen. Okay, und auch deshalb, weil wir an mehreren Stellen gelesen haben, dass man sich innerhalb von 24 Stunden in Serbien offiziell anmelden muss, damit man später keine Probleme bei der Ausreise bekommt. Diese Anmeldung würde das Hotel oder die Unterkunft übernehmen. Unser Campingplatzbesitzer meinte zwar, das würde niemand kontrollieren, aber er hat uns den Wisch trotzdem ausgestellt. Hat im Nachhinein auch nie jemand nach gefragt. Highlight des Campingplatzes: Kaltes Bier im Pool und danach richtig heiß duschen. In Sombor haben wir uns dann noch mit einer Touristenkarte von Serbien ausgestattet und schon ging es weiter nach Novi Sad. 

Es war mal wieder an der Zeit die Wäsche zu waschen. Das Waschen selbst geht im Waschsalon ja ziemlich fix, aber die Wäsche zu Trocknen ist für uns jedes Mal die eigentliche Herausforderung, da wir unsere Kleidung keinem maschinellen Wäschetrockner anvertrauen wollen. Wir machten uns mit zwei IKEA Beuteln voller nasser, gewaschener Wäsche auf Platzsuche etwas außerhalb der Stadt. Im Stadtkern von Novi Sad hätten wir die Befürchtung gehabt, am Morgen weniger Klamotten vorzufinden als wir am Abend aufgehängt hätten. Vielleicht zu unrecht, wer weiß. Die Platzsuche führte uns zu Milan, den wir auf seinem Grundstück im Grünen wahrscheinlich völlig überrumpelten als wir anhielten und ihn auf Englisch (und mit Händen und Füßen) fragten, ob wir für eine Nacht bei ihm stehen bleiben könnten. Erst nachdem er uns bereits zugesagt hatte, merkte er wohl, dass wir ein deutsches Kennzeichen haben. Ab da verlief die Kommunikation etwas leichter, weil er Deutsch in der Schule gelernt hatte. Er lud uns auf einen selbst gebrannten Schnaps ein und erklärte uns dann, dass er für zwei Stunden nochmal mit dem Fahrrad in die Stadt fahren würde. Wir könnten gern bei ihm im Haus Fernsehen gucken. Ist das nicht eine überwältigende Gastfreundschaft? Wir machen uns Sorgen, dass uns in der Stadt jemand die Wäsche klauen könnte und Milan lädt uns – zwei fremde Menschen – zu sich ins Haus ein. Ich finde, von so viel Gastfreundschaft, Aufgeschlossenheit und „Fremdenfreundlichkeit“ können wir Deutschen uns eine gehörige Portion abschneiden. Am nächsten Morgen versorgte uns Milan mit einem türkischen Kaffee und noch einer Runde Schnaps (für Marco als Fahrer gab es nur einen halben) und zum Abschied schenkte er uns sogar noch eine kleine Flasche Sekt. Auf dich, Milan!

Es schien der Tag der Geschenke zu sein. Im Nationalpark Fruska Gora standen wir auf einem Parkplatz und waren gerade lautstark am Diskutieren was wir in diesem Nationalpark überhaupt machen wollen würden – als es an unsere Scheibe klopfte. Zwei Männer mit zwei Hunden hielten uns einen Trüffel entgegen: „Here, this is for you!“ Völlig verblüfft pressten wir gerade noch so ein „Thank you!“ heraus – da waren sie schon wieder weg. Wow, ich hatte zuvor von unserer Diskussion schon Tränen in den Augen (ich war an dem Tag nervlich etwas labil unterwegs), aber diese nette Geste gab mir dann den Rest. Von dieser Freundlichkeit und Selbstlosigkeit tief berührt, kullerten die Tränen nur so an meinen Wangen herunter. Nach so einem schönen Erlebnis konnte der Tag nur noch gut werden. Marco experimentierte im Nationalpark mit Stahlseilresonanzen, ich freute mich über den hübschen Wölkchenhimmel und wir fanden ein Bett im Kornfeld – endlich wieder Wildcampen!

Nach so viel Natur war das nächste Ziel stadtklar: Wir wollten nach Belgrad! Ein kostenloser Parkplatz mitten in der City am Wasser gelegen direkt neben einem Militärstützpunkt bot uns maximale Sicherheit. Wir wurden vom Wachposten sehr nett empfangen. Die Schiffspromenade und die Innenstadt erkundeten wir wie immer mit dem Fahrrad. Die Räder gehören mit zu unserer wichtigsten Reiseausstattung. Wenn wir damit durch fremde Städte cruisen fühlt es sich für uns sofort wie zu Hause an. Als würden wir mal eben durch Berlin zum nächsten Späti radeln. Nur bei unserem ersten Cevapcici tappten wir in die Touristenfalle und haben versehentlich viel zu teuer zu Abend gegessen. In den nächsten Tagen wurde der günstige Imbiss nebenan unsere Anlaufstelle Nummer 1, wenn es um die tägliche Nahrungsaufnahme ging. Alternativ: Stullen geschmiert und ab auf’s Rad. Günstiger geht’s nicht. Unsere Erkundungstouren durch diverse „hippe“ Bezirke Belgrads waren tagesfüllend, viel mehr Programm brauchten wir gar nicht. Nur einmal bezahlten wir Eintritt, das war im Tesla Museum. Am Wochenende machten wir einen Stellplatzwechsel, um noch näher am Geschehen zu sein. Wir parkten direkt im Szenebezirk, da wo die ganzen Bars waren (u.a. unsere neue Lieblingsbar Yugovinyl). Samstagnacht konnten wir es nicht lassen und sind – um 19:30 Uhr – in den Drugstore gegangen. Ein Techno Club, der glücklicherweise draußen im Hof seinen Floor eröffnet hat. Bis um 8 hatten die dort freien Eintritt und überraschenderweise war die Tanzfläche um 20 Uhr auch tatsächlich gefüllt und die Partycrowd sehr gut gelaunt. War sehr witzig, wir haben aber nur bis um 1 durchgehalten. Der Kater am Sonntag fühlte sich leider so schlimm an als hätten wir durchgemacht. Da half nur noch ein Konterbier. 

Wir verließen Belgrad nach 5 Tagen mit dem Gefühl dort auch einfach bleiben zu können. Ich finde es spannend zu merken, dass auch Großstädte anderer Länder ihren Reiz auf mich ausüben. Das hätte ich nicht unbedingt erwartet. Vor der Reise habe ich gedacht, dass wir größere Städte eher meiden werden, aber mittlerweile zeichnet sich ein anderer Trend bei uns ab. Das coole ist, dass wir durch das Großstadtleben in Berlin echt einiges gewöhnt sind und uns dadurch in anderen Metropolen ziemlich schnell und einfach zurecht finden. Selbst innerstädtisches Autofahren ist bislang noch kein Problem, das habe ich mir schlimmer vorgestellt. Aber warten wir erstmal ab, was für Städte noch auf uns zukommen. Man sollte den Tag ja nicht vor dem Abend loben.

Im Speckgürtel von Belgrad haben wir die Nacht auf dem IKEA Parkplatz verbracht. Es gab leckeres Trüffelessen von Marco zubereitet und wir zogen uns das Finale von Stranger Things rein. Morgens folgte ein mittelmäßiges Frühstück im IKEA Restaurant mit anschließendem Laptopnachmittag (wir waren mal wieder scharf auf freies Internet, denn unser Roamy schwächelte in Serbien ganz schön). Außerdem kauften wir Vorratsdosen gegen Mottenalarm und … Stühle!!! Ja genau, die bekommen gleich drei Ausrufezeichen!!! Optisch werden unsere neuen Sommermöbel zwar keinen Preis gewinnen, aber die beiden Klappstühle entwickelten sich in kürzester Zeit bei uns zum absoluten Game Changer. Wir können jetzt endlich ordentlich zusammen am Tisch sitzen. Sogar auf Augenhöhe (davor hatten wir nämlich nur einen hohen und einen niedrigen Campingstuhl, in die man tief versunken ist). Eine völlig neue Lebensqualität kehrte in unser Vanlife ein. Frühstück an Tisch und Stühlen. Laptoparbeit mit geradem Rücken. Ja, selbst im Bus kann ich mir einen Arbeitsplatz einrichten, indem ich den Beifahrersitz nach vorne klappe und dort Tisch und Stuhl aufstelle. Ihr merkt, ich bin begeistert. Ich möchte nie wieder einen Stuhl in meinem Leben missen. Nie wieder.

Die folgende Woche fuhren wir immer an der Donau entlang. Eine besonders schöne Kettenreaktion ereignete sich in Smederevo. Wir hatten kurz vor Belgrad bemerkt, dass uns ein Autoteil fehlt. Irgendwie muss uns eine der zwei Schellen, die die Stabistange an den Vorderachskörper befestigen (habe ich mir von Marco sagen lassen), abgefallen sein. Es war nur noch eine Schelle dran. Bei unserem Bus natürlich eine Spezialausführung, die man nicht so einfach bekommt. Beim Schrottplatz nachgefragt. Telefon ans Ohr bekommen, der Sohn kann Englisch. Zum Sohn in die Stadt gefahren, er zeigt uns einen Auto Service, der uns helfen kann. Der Geschäftsführer dort kümmert sich persönlich um uns. Fährt kurz wohin, kann das Teil aber nicht auftreiben. Lässt aber seine Kontakte spielen und einen Mechaniker kommen. Wir folgen dem Mechaniker vor sein Haus, er baut uns innerhalb von drei Stunden die Schelle nach und setzt das Teil ein. Sieht gut aus, hält bis heute. Manchmal läuft’s. Ach ja, die Wartezeit haben wir in Smederevo mit der Besichtung einer Festung verbracht, die wir zum Abend hin dann auch als Schlafplatz auserkoren haben.

Berge und Bauernhöfe.

Die restlichen Nächte in Slowenien haben wir entweder auf Campingplätzen oder Bauernhöfen verbracht. Im Triglav Nationalpark wollten wir dann doch kein Risiko eingehen, mitten in der Nacht von einem Ranger geweckt zu werden. Und so genossen wir drei Tage am Stück nicht nur die Schönheit vom Nationalpark, sondern auch ein wenig den kleinen Luxus, den Campingplätze so zu bieten haben (Stichwort: Warmduschen). 

CAMPING IM TRIGLAV NATIONALPARK

Tag 1: Wir halten in Kobarid und wandern auf dem „Kobarid historical trail“, der als Höhepunkt einen Besuch beim Kozjak Wasserfall vorsieht. Den Wasserfall mit 4€ Eintritt pro Person hätten wir uns besser sparen sollen. Auf der ganzen Wanderung waren wir fast allein unterwegs und in der Klamm mussten wir plötzlich anstehen, um einen Blick auf den Wasserfall werfen zu können. Der Anblick hat sich unter diesen Bedingungen für uns nicht gelohnt. Merke: Alles was Eintritt kostet und wo ein Parkplatz in der Nähe ist beim nächsten Mal besser meiden. Wovon wir hingegen maßlos begeistert waren, ist die Soca. Der smaragdgrüne Fluss entspringt im Herzen des Triglav Nationalparks und wird zu unserem neuen Begleiter. An einer Hängebrücke klettern wir den Hang hinunter und Marco traut sich sogar ins eiskalte Wasser. Am Abend kehren wir im „Kamp Jelinc“ ein und kuscheln mit unserer Stellplatznachbarin Karina. Naja, also vielmehr kuscheln unsere Fahrzeuge miteinander, da wir aus Platzmangel echt dicht nebeneinander stehen mussten. Das Gute ist: Sowas schweißt zusammen, wir haben uns super mit Karina verstanden.

Tag 2: Statt morgens unter die Dusche zu gehen, hüpfen wir blitzschnell in die Soca (und sind genauso blitzschnell auch wieder draußen). Von wegen Warmduschen, wir befinden uns schließlich im Soca Tal. Tagsüber nehmen wir den „Grand Canyon of Soca“ noch genauer unter die Lupe und Marco springt erneut rein. Ich mach lieber eine Pause, da ich mich leicht kränklich fühle. Nachmittags geht es weiter nach Trenta und beim Einparken auf dem Campingplatz (Runa: „Achtung, da ist ein Baum!“) fährt Marco rückwärts in einen Baum. Der Aufprall wird von unserem Fahrradträger bzw. von Marcos Fahrrad abgebremst. Sein Hinterrad fährt seitdem eine Acht, aber er konnte es immerhin notdürftig reparieren, sodass das Fahrrad wieder fährt. Mehr nennenswertes passiert an dem Tag nicht mehr. Aus der Ferne beobachten wir unsere Campingnachbarn, mit denen wir uns diesmal nicht anfreunden. Sie scheinen eingefleischte Alice im Wunderland Fans zu sein. Nicht nur ihr Bus ist rundherum passend zum Thema foliert, sie haben wohl auch ein komplettes Deko-Konzept entwickelt, jedenfalls entdecken wir zwischen violett- und rosafarbenen Decken und Kissen auch einen pompösen Kerzenständer. Sehr stilecht.

Tag 3: Mir geht es wieder blendend und wir brechen zur heutigen Wanderung auf. Waldrian fährt uns langsam aber stetig zum Vrsic Pass hoch, wo wir einen tollen Mountain Trail zum Gipfel des „Slemenova Spica“ machen. Der Hinweg führt durchs Grüne, der Rückweg am Fels entlang. Eine Traumtour mit atemberaubenden Aussichten. Auf dem Parkplatz treffen wir Karina wieder und verabreden uns mit ihr für den Abend im Eco Camp in Kranjska Gora. Marco kocht uns eine leckere Birnen-Gorgonzola-Pasta und es wird ein richtig lustiger Abend zu Dritt.

AGROTOURISMUS AUF BAUERNHÖFEN

Vor und nach dem Triglav haben wir Bauernhöfe für uns als Stellplatzmöglichkeit entdeckt. Diese Form von Landtourismus wird in Slowenien oft angeboten. Hier bezahlt man meist nur einen kleinen Beitrag für die Übernachtung (oder manchmal auch gar nichts) und lässt sein Geld stattdessen in das gastronomische Angebot fließen. Die beiden Höfen, wo wir waren, hatten ganz herzliche Besitzer, niedliche Tiere, ein tolles Ambiente und natürlich leckeres Essen (einmal gab es ein 5-Gänge-Dinner und beim anderen Mal eine Schlemmerplatte). Mit Sabrina und Johannes haben wir an unserem letzten Abend in Slowenien nicht nur eine Flasche Wein geleert.

Wir verlassen Slowenien nach anderthalb Wochen viel zu früh. Das Land hätte noch so viel zu bieten gehabt. Doch in Zeiten von Corona müssen wir flexibel sein. Ungarn kündigt an, die Grenzen zum 1.9. zu schließen und wir entscheiden uns deshalb schnell nach Serbien weiterzureisen, solange das (hoffentlich) noch problemlos möglich ist. 

Die Flucht vor dem Gruppenguide.

Nach vier verschwitzten Wochen in Italien freuten wir uns richtig auf Slowenien – vor allem auf die Bergregion. Wie immer wählten wir einen kleinen Grenzübergang, das hat sich selbst innerhalb der EU bislang für uns bewährt. Die Grenzkontrolle war diesmal sogar besetzt, aber wir hatten Glück, denn der Reisebus vor uns wurde herausgezogen und so hatten die Beamten erstmal zu tun. Für uns hat sich keiner interessiert, wir durften durchfahren. Erster Halt: Tankstelle. Dieselpreis: 1,00€/Liter. Zweiter Halt: Waldweg. Aufgabe: Weg freischneiden.

SKOCJAN REGIONALPARK

Unseren ersten Nachmittag in Slowenien verbrachten wir im Regionalpark „Skocjanske jame“. Da wir in Italien schon eine mehr als beeindruckende Höhlentour hatten, verzichteten wir auf den kostenpflichtigen, geführten Gang durch die Grotte und gaben uns mit einer gratis Spazierrunde oberhalb der Felsen zufrieden. Amüsiert schnappten wir vor der Infotafel einen Gesprächsfetzen auf (Frau zu Mann: „Aber du willst doch nicht etwa Wandern gehen?!“). Wollte er offensichtlich wirklich nicht, denn die beiden verschwanden in Richtung Tickethäuschen. Wir liefen den „Wanderweg“ los und waren uns nach ein paar hundert Metern easy Fußmarsch einig, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben. Es folgte ein ausgedehnter Spaziergang durch wunderschöne Natur und irgendwann – nachdem wir einen Weg eingeschlagen haben, der etliche Steinstufen in die Tiefe ging – fanden wir uns vor einer verschlossenen Gittertür wieder. Marco steckte den Kopf durch das Gitter, guckte mich kurz an, griff mit der Hand rein und – schwupps – die Tür sprang auf. Na dann, schnell rein mit uns! Wir arbeiteten die geführte Tour jetzt also in Eigenregie von hinten auf und ergatterten tiefe Einblicke in die Schlucht. Ein bisschen Bammel hatten wir schon, doch uns kam eine super Idee: Falls wir erwischt werden, sprechen wir einfach nur Deutsch! Hinter der nächsten Ecke überraschte uns ein Höhleneingang, der ins Dunkle führte. Davor ein kleiner Brunnen. Echt schön hier. Wir wollten gerade weitergehen, da hörten wir Stimmen. Oh shit, kommt da etwa ein Gruppenguide auf uns zu? Immer mehr Leute strömten der Italienisch sprechenden Frau hinterher. Wir versuchten uns so unauffällig wie möglich zu verhalten, was natürlich missglückte.

„Hey! Where did you come from?“
„Öhm … aus Deutschland?!“
Skeptischer Blick, kopfschüttelnd: „No no, in English, please!“
Mist, wir sind aufgeflogen: „Oh, sorry… I think we took the wrong way…“
„Go! This direction!“ 

Das ließen wir uns nicht zweimal sagen und liefen – diesmal in der vorgegebenen Richtung – vor der Truppe her. Dabei wurden unsere Schritte immer schneller. Irgendwie war es uns ja doch ein bisschen peinlich. Da die anderen Leute jedoch extrem langsam die Treppenstufen hoch stiegen, schüttelten wir den Mob schnell ab.

DIE ERSTEN STELLPLÄTZE

In Slowenien ist das mit dem Wildcampen bzw. Übernachten im eigenen Fahrzeug außerhalb von Campingplätzen ja so eine Sache. Offiziell ist es nicht erlaubt, gedulded wird es wohl trotzdem häufig (außer im Nationalpark, da wird man angeblich konsequent weggeschickt oder muss im schlimmsten Fall sogar mit Geldstrafen rechnen). Viele Kommentare auf Park4Night bestätigten, was wir zuvor gegoogelt haben. Wir haben uns für die erste Nacht daher einen offiziellen (und noch dazu kostenlosen) Camper Stop rausgesucht, der neben einer geschotterten Parkfläche sogar Toiletten und Wlan kostenlos zur Verfügung stellte. Da ich eine Dusche dringend nötig hatte, habe ich die Hecktüren von Waldrian als Duschkabine genutzt. Es war sehr erfrischend. Am Abend ist noch ein Pärchen mit ihrem Mietcamper auf dem Platz dazu gestoßen. Später kam der „Manager“ der Einrichtung mit Hund und Fahrrad vorbei und hat uns mit Infomaterial, diversen Flyern und einer netten Touristenkarte von Slowenien ausgestattet. Das ist doch mal ein richtig netter Empfang in einem neuen Land. Wir haben ihm gern eine Flasche Wein abgekauft und am nächsten Tag vor unserer Abfahrt auch noch was in die Spendenbox geworfen. Schön, dass es solche Plätze gibt. Der Abend mit Anna und Thomas war übrigens auch sehr schön. Da haben wir neben dem Wein auch noch Likörchen und Whiskey getrunken (der Morgen danach fühlte sich dementsprechend etwas katerig an).

Die folgende Woche in Slowenien haben wir uns nur ein einziges Mal getraut tatsächlich freizustehen, nämlich in einer Waldlichtung.

Total begeistert waren wir von einem kostenlosen Stellplatz in Ziri, wo wir gleich zwei Nächte – von Samstag bis Montag – blieben. In dieser Gegend können wir euch einen tollen 12 Kilometer Trail zum „Mrzli Vrh“ (was soviel heißt wie Hochebene) empfehlen. Seitdem lässt uns unser selbst erschaffener Ohrwurm („Wir gehen zum Mrzli Vrh, nananana nananana nanaaa nanaaa nanaaaanaaaa“ – denkt euch dazu einfach die Musik von „Peter und der Wolf“) nicht los. Ein weiteres Highlight an dieser Location war die Dorf Eventfläche, die gegenüber vom Camper Stellplatz ansässig war. Am späten Samstagnachmittag wurden wir von Live Musik dort hin gelockt und ließen uns von der guten Stimmung bei Bier und Grillgut prompt mitreißen. Nebenan hatten die Kids ihren Spaß mit einem Sprungbrett, das in einen Gebirgsfluss zielte. Wir ließen es uns nicht nehmen, natürlich auch noch ins kalte Nass zu gehen (wobei wir dann doch nicht das Sprungbrett genommen haben, sondern uns vom Rand über die Steine haben reingleiten lassen). Respekt vor den Kindern, es war echt schweinekalt.

Ein Klassiker, den wir immer mal wieder zwischendurch machen: Geocachen. Marco hat sich auf die Fahne geschrieben, mindestens einen Cache pro Land zu finden. In Slowenien sind es sogar zwei an einem Tag geworden. Ein nebliger Höhleneingang am Morgen …

… und ein kaltnasser Bunker am Nachmittag.

Okay, genug Fotos für heute. Findet ihr es eigentlich gut, ganz viele Fotos von uns zu sehen? Oder lest ihr lieber die Geschichten, die wir erleben? Oder sind es euch zu viele Fotos und/oder zu viel Text? Sollte ich mich kürzer fassen? Ich suche gerade noch nach der richtigen Mischung und bin auf eure Kommentare gespannt.

Italienische Wochen (Teil 3)

Die dritte Woche der Paketwarterei bricht an. Es fehlen immer noch 2 Pakete. Inzwischen fühlen wir uns in Monfalcone und um Monfalcone und um Monfalcone herum schon wie zu Hause. Trotzdem haben wir Hummeln im Hintern und wollen gern weiter. 

Ja ja, ihr wollt sicherlich auch endlich abwechslungsreicheren Content von uns lesen und fragt euch bestimmt schon, warum wir denn immer noch über Pakete und Italien schreiben, obwohl wir fast Oktober haben und längst in Bulgarien angekommen sind. Tut mir leid, da müsst ihr jetzt durch. Sowas nennt man Vergangenheitsbewältigung. Und um komplett für Verwirrung zu sorgen: Das Veröffentlichungsdatum der Italien-Artikel datiere ich in den August zurück, damit die Reiseberichte insgesamt einigermaßen chronologisch bleiben. Freut euch also in den nächsten Wochen über ein lustiges Durcheinander an Geschichten aus Italien, Slowenien, Ungarn, Serbien und Bulgarien. Vielleicht bald auch Griechenland.

Montag 17.8.: Wir bleiben auf dem Katzenparkplatz. Eine Email bestätigt uns, dass das Paket mit dem Mückennetz heute im Fermoshop angekommen ist. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht: Immer noch kein Lieferstatus von Paket Nummer 5. Erneutes Telefonat mit dem Zwischenhändler. Keine Info. Marco baut Druck auf und droht mit sofortiger Stornierung. Auf einmal heißt es, das ginge nicht, denn das Paket sei angeblich schon unterwegs. Aha, also doch eine Info. Kurz darauf endlich eine Trackingnummer und – ja – es ist tatsächlich unterwegs! Ein Gewitter am Nachmittag mit richtig krassem Regen lässt uns im Bus verweilen. Ansonsten nichts Neues: Abhängen, Foccacia essen, süße Katzen und das Treiben auf dem Parkplatz beobachten. 

Dienstag 18.8.: Man (naja, eigentlich vor allem Runa) kann sich auch mit dem Haushalt beschäftigen. Abwasch vom Vortag, Frühstück zubereiten, Bett ausschütteln, Fegen, etc. – das dauert gern mal länger als 1 Stunde. Heutiger Tapetenwechsel: Wir fahren zu einem anderen Parkplatz in Monfalcone. Der ist in der Nähe vom Bahnhof. Zuerst machen wir eine Fahrradtour zur Schiffswerft und danach einen Spaziergang über das Bahnhofsgelände zu einem Schlachtfeld aus Kriegszeiten, da konnten wir Schützengräben angucken. Gruselige Stimmung. Die Tiere, die wir unterwegs entdecken, erfreuen uns hingegen sehr. Am Bus checken wir erneut den Lieferstatus: Das Paket ist immer noch unterwegs. Oh je, wir dachten wir kommen heute los. Na gut, dann weiter zum Programmpunkt Abendessen. Heute kocht Runa mal wieder. Kartoffelstampf mit Erbsengemüse ist als Resteverwertung echt der Hit. Zum Nachtisch gibt es „Alien 2“ auf Netflix.

Mittwoch 19.8.: Das große Paketwartefinale, wird es heute endlich ankommen? Um 15 Uhr immer noch keine Neuigkeiten. Wir feiern Jubiläum: 2 Wochen in Monfalcone! Ausharren 2.0 – neue Dimensionen (zum Antipasti am Mittag gibt es ein kleines Gläschen Rotwein). Oh man, wir wollen endlich weiter nach Slowenien… 16 Uhr, eine Stunde noch, die Stunde der Wahrheit. Glaubst du noch dran, Schatz? Das Paket ist immer noch in Zustellung. Nur noch eine Stunde bis der Laden schließt. Kurz vor 17 Uhr holen wir im Fermoshop nur EIN Paket ab (das Mückennetz, das bereits am Montag angekommen ist), dann ist Ladenschluss. Enttäuschung macht sich breit. Ein paar Stunden später steht unser Paket online auf einmal als „delivered“ drin. Häh, warum hat uns der Typ im Fermopoint uns vorhin nicht gesagt, dass da noch ein Paket für uns liegt? Ist das etwa an DPD zurückgegangen, weil es Probleme mit dem Fermoticket gab? Wir zerbrechen und den Kopf darüber, wechseln den Schlafplatz, gehen an türkisfarbenem Wasser spazieren, naschen von einem Feigenbaum, kochen Spaghetti Carbonara und holen Wasser an einer Kirche. Das Wasser kommt bräunlich gefärbt aus dem Hahn, aber unser fest installierter Wasserfilter besteht diesen Härtetest und wir freuen uns im Bus über klares, gefiltertes, wohlschmeckendes Wasser.

Donnerstag 20.8.: Marco versucht morgens ab 8 die DPD zu erreichen. Der Versuch scheitert, es geht keiner ran. Okay, dann um 10 auf gut Glück nochmal zum Fermoshop und siehe da: Das Paket ist da!!! Wir können weiter nach Slowenien!!! Was wir dann auch sofort machen, also ab in den Bus und auf’s Gas gedrückt mit Navi in Richtung slowenischer Grenze…

Italienische Wochen (Teil 2)

Wir befinden uns im Dunstkreis zwischen Triest und Monfalcone. Aktueller Lieferstatus: 2 Pakete sind angekommen, auf 3 Pakete warten wir noch. Aber viel interessanter ist doch der unverblümte Einblick in unser Reiseleben…

Montag 10.8.: Um ehrlich zu sein, es war eine unruhige Nacht am belebten Straßenrand mitten von Triest. Die Baustelle, die morgens um 7 Uhr direkt vor unserem Bus eröffnet wird, setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Aber der Montagmorgen bringt auch gute Nachrichten mit sich: Der toxikologische Befund ist da (ihr erinnert euch vielleicht an die Polizeikontrolle in der Schweiz) und er ist … NEGATIV!!! Was grundsätzlich zu erwarten war, aber man weiß ja nie… 😉 Zur Feier des Tages machen wir einen kurzen Zwischenstop am Womo Stellplatz von vorletzter Nacht (der unter der Brücke) und nutzen den dortigen Wasserhahn zur Körperpflege. Runa hängt zwischen Seitentür und Zaun ein Tuch und bastelt sich somit eine Duschkabine. Nackt duschen, ein Traum. Nachmittags machen wir einen Ausflug nach Miramare und besichtigen dort das Castello und den dazugehörigen Schlossgarten. Dann wollen wir hoch nach Prosecco fahren. Einfach, weil der Ortsname so lustig ist. Der direkte Weg ist jedoch für Fahrzeuge über 2 Komma irgendwas Tonnen ungeeignet, daher nehmen wir einen Umweg, der über eine sehr enge Straße ein paar Hundertmeter in die Höhe führt. Wir durchqueren zwei drei kleine Ortschaften und die Straßen werden immer enger. Dauernd kommen uns Autos entgegen und entweder wir oder die anderen müssen in den schmalen Gassen zurücksetzen. Kurz vor Prosecco geben wir auf und fahren in das Nachbardorf, Santa Croce, zurück. Dort hatten wir einen Parkplatz mit Blick auf’s Meer entdeckt. Die wilde Fahrt hat sich also doch gelohnt. Als heutige Resteverwertung probieren wir Polenta mit Bolognese und können diese Kombi definitiv weiterempfehlen. Es folgt eine ruhige, erholsame Nacht.

Dienstag 11.8.: Wir nehmen heute eine alternative Route nach Prosecco (die wir am Abend zuvor zu Fuß abgecheckt hatten), freuen uns nochmal kurz über den Namen als wir die Ortschaft passieren, fahren dann aber sofort weiter nach Borgo Grotta Gigante, wo wir „eine Höhle gigantischen Ausmaßes“ (Zitat aus dem deutschsprachigen Touristenfaltblatt) besichtigen. Die anderthalbstündige, geführte Tour durch die riesige Grotte ist nicht nur sehr beeindruckend, sondern hat bei den heißen Temperaturen auch noch den Vorteil, dass wir uns mal wieder so richtig schön runterkühlen. Am frühen Abend erledigen wir noch einen Lebensmitteleinkauf in Opicina neben der Dorfkneipe. Motto: Sehen und gesehen werden. Wir fahren für die nächtliche Stellplatzsuche weiter, müssen aber erneut wegen zu enger Straßen abbrechen und fahren schließlich zurück nach Opicina. Aber nicht zum Dorftreffpunkt, sondern zu einem Parkplatz im Grünen etwas außerhalb. Lecker Risotto, ruhige Nacht (und kühl!).

Mittwoch 12.8.: Der Parkplatz entpuppt sich am nächsten Morgen erfreulicherweise als Schattenplatz und so nehmen wir uns Zeit für Organisatorisches. Marco verbringt (oder verzweifelt) den Vormittag am Telefon mit dem italienischen Amazon Kundensupport. Runa macht die Monatsabrechnung. Unsere Reisekosten liegen zurzeit bei durchschnittlich 30€/Tag bzw. 900€/Monat, was völlig okay ist. Gegen Nachmittag brauchen wir dringend Bewegung und holen sie uns in Form einer Fahrradtour (mal eben rüber nach Slowenien). Zurück am Bus füllen wir unsere Wasserkanister am Friedhof auf, fahren weiter nach Col, verfahren uns und rollen kurz auch mit dem Bus ein paar Meter über die slowenische Grenze, drehen um und haben wieder italienischen Boden unter den Rädern. Die Nacht verbringen wir auf einem Hügel neben einer Kirche in Monrupino, essen Pasta Gorgonzola und schauen uns die Perseiden an. War sehr schön (und dunkel) da oben und wir waren nicht das einzige Pärchen, das von der Kirchenmauer aus in den Himmel geguckt hat. Unser finaler Punktestand beim Sternschnuppengucken: Runa 4, Marco 0.

Donnerstag 13.8.: Wir werden morgens um 6 von einem gefühlvollen Glockenläuten (das ich so noch nie erlebt habe, da hat einer seine Aufgabe mit voller Leidenschaft ausgeführt) und von krähenden Hähnen geweckt. Nach dem Frühstück startet der Tag mit einer Runde Morgenyoga. Heute geht’s wieder nach Triest für ein paar Erledigungen in der Großstadt, u.a. fragen wir in diversen Bootsgeschäften nach einer Wasserpumpe mit höherer Leistung – ohne Erfolg. Danach fahren wir zurück in die Kleinstadt Monfalcone, denn Paket Nummer 3 ist für uns beim Fermopoint angekommen: Der tragbare Wasserfilter (nach nur 1 Tag, echt fix die Italiener). Erledigungen erledigt. In der Stadt wollen wir heute nicht bleiben, wir fahren raus auf’s Land nach Turriaco zu einem Platz am Fluss, wo wir schon mal einen Nachmittagsstop gemacht haben, baden im Isonzo und sind nicht die einzigen, die dort im Camper übernachten.

Freitag 14.8.: Das Beste, was man bei unerträglicher Hitze machen kann, ist in Bewegung zu bleiben – auch wenn es schwer fällt. Unsere heutige Activity führt uns nach Duino zu einer Rad-/ Wandertour. Die Radtour endet auf einem nicht mehr befahrbaren Wanderpfad, was in der Mittagssonne furchtbar anstrengend war, denn wir mussten ja die Räder hinter uns herziehen. Trotzdem eine mega schöne Gegend. Dank Geocaching entdecken wir mitten im Wald (abseits von jeglichen Waldwegen und -pfaden) eine kleine Höhle, die uns so richtig verzaubert. Mit einer Taschenlampe bewaffnet folgen wir dem kühlen Luftzug und dringen in die ungewisse Dunkelheit ein. Anfangs müssen wir uns noch geduckt halten und einigen Spinnennetzen ausweichen, nach etwa zehn Metern können wir wieder stehen und den Hauptraum bestaunen. Weiter hinten leuchten wir mit der Taschenlampe (und ausreichend Sicherheitsabstand) in eine Schlucht. Da geht es ordentlich tief runter. Viel faszinierender finde ich jedoch den Staubnebel, der im Schein unserer Taschenlampe aussieht wie fliegende, schwärmende Glitzerpartikel. Pustet man sanft dagegen, entsteht ein goldener Wirbelstrom wie aus einer anderen Welt. Am Abend kehren wir nach Turriaco zurück. Ein Sturm kommt auf, wir sind das einzige Fahrzeug, das zum Fluss hinfährt. Andere Autos und Fußgänger kommen uns in Massen entgegen. Alle flüchten sie nach Hause, es windet schon sehr. Wir springen trotzdem noch ganz schnell für einen Bade-Quicki in den Isonzo, um den Schweiß der Tagestour von unserer Haut zu spülen. Mittlerweile sind wir allein am Platz und machen es uns für die Nacht so richtig gemütlich.

Samstag 15.8.: Storm is over! Heute ist hardcore Chillen angesagt. Da wir den Premiumplatz im Schatten erwischt haben, besteht unser Tag aus Sachen machen am Bus und Baden bei Strömung (beides im Wechsel). Runa findet endlich die Zeit (oder vielmehr die Motivation) eines ihrer Nähprojekte abzuschließen: Ein Hänge-Organizer für Handys, Tablet, Ebook usw. (Ordnung muss sein). Marco ist im Busaufräumwahn und bereitet uns leckeres Focaccia in der Pfanne zu. Die dritte Nacht auf „unserem“ Platz in Turriaco bricht an. Zuhause-Feeling kommt auf.

Sonntag 16.8.: Runa wünscht sich heute einen Laptop-Tag in einem netten Café. Nach einem Kulturschock im Einkaufscenter (viele Geschäfte in Italien haben auch sonntags geöffnet) wurde leider nur McDonalds draus. Egal, hauptsache Internet. Da wir schon in Monfalcone waren, fuhren wir später zu unserer zweiten „Base“ (dem Katzenparkplatz). Gewohnte Umgebung, alles paletti, schöner Parkplatzabend mit Katzen, Menschen, Autos und einem Hund. Der Hund (mit Halsband, daher mutmaßlich kein Streuner) irrte etwas orientierungslos auf dem Platz herum. Nach eingehender Beobachtung der Situation fragte Marco am Hafen und bei den benachbarten Bungalows herum, ob jemand einen Hund vermisst. Tatsächlich, ein junges Mädchen in einer kleinen Partyrunde hat auf Marcos Nachfrage hin nachgesehen und erschrocken festgestellt, dass ihr Hündchen ausgebüchst ist („I thought she was sleeping!“). Ist ja nochmal gut gegangen.

Italienische Wochen (Teil 1)

Drei Wochen lang haben wir im August nicht nur auf Pakete gewartet, sondern auch viele schöne Dinge erlebt. Hier der erste Wochenrückblick im Schnelldurchlauf:

Samstag 1.8.: Roamy in der Nähe von Venedig verloren. Übernachtung in Vorstadt von Jesolo. Ein zerfallenes Haus bietet uns zwar keinen Unterschlupf, aber dafür perfekten Sichtschutz. Traumhafter Himmel über Maisfeld.

Sonntag 2.8.: Nachmittags in Jesolo diverse Campingläden abgeklappert. Leider ohne Erfolg, wir müssen Mückennetz & Co also doch bestellen. Abends kehren wir in einer Strandbar ein, die unsere Verpflegung sichert. Es gibt Eis, Aperol Spritz, Pasta und Wein. Super Nacht auf Strandparkplatz.

Montag 3.8.: Wir besichtigen den letzten Zipfel von Jesolos Strandpromenade und blicken sehnsüchtig auf’s Meer. Die heutige Stellplatzsuche wird nach den Kriterien „Supermarkt in der Nähe“ und „Café mit Wifi“ ausgerichtet. Aufgrund von angekündigtem Dauerregen planen wir nämlich zwei Gammeltage ein. Wir wollen Pakete bestellen und Blogartikel schreiben. Der Marktplatz in Jesolo vereint beides: Supermarkt nebenan und öffentliches Wifi auf dem Platz. Bei einem abendlichen Spaziergang beobachten wir Nutria Biberratten. Marco kocht Spaghetti Carbonara.

Dienstag 4.8.: Die ersten Pakete wurden bestellt und Blogartikel hochgeladen. Der Regen lädt Runa zum Duschen im Freien ein. Marco kocht Penne Bolognese. Die Carabinieri (italienische Polizei) drehen ihre Runde, klopfen aber nicht an. Wir fahren für die Nacht trotzdem mal lieber 100 Meter weiter auf den Supermarktparkplatz. Alte Angewohnheit von uns, weil man in Deutschland laut Gesetzt nur eine Nacht „zur Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit“ im Fahrzeug übernachten darf. In Italien ist Wildcampen offiziell nicht erlaubt. Wir merken in den nächsten Tagen aber schnell, dass es die Carabinieri überhaupt nicht interessiert, ob wir auf irgendwelchen Parkplätzen campen, schlafen, kochen oder herumstehen.

Mittwoch 5.8.: Weiterfahrt in Richtung Triest mit Zwischenstop in Caposile. Hier tanken wir an einer Wasserfontäne unsere Kanister auf und powern uns bei einer Fahrradtour aus. Die Nacht verbringen wir in dem süßen Örtchen Palazzolo dello Stella auf einem kostenlosen Womo Stellplatz. Marco zaubert uns einen Hörnli Nudelauflauf. Unser aktueller Deal: Marco kocht, Runa wäscht (freiwillig!) ab. Wir machen es uns mit Netflix gemütlich (Offline-Speicher sei Dank) und ziehen uns das „Dark“ Finale rein. 

Donnerstag 6.8.: Unser morgendliches Sportprogramm besteht aus Dehnübungen und einer kurzen Yoga Session. Der Wasserhahn am Stellplatz wird zur Dusche. Einfach in die Hocke gehen, dann passt man sogar fast drunter. Nächste Überlegung: Wir müssen dringend Wäsche waschen. In Monfalcone würde es einen Waschsalon geben, wollen wir uns dort niederlassen? Der Wunsch nach einem Platz, auf dem wir länger verweilen können (z.B. um Wäsche zu trocknen, auf Pakete zu warten, mit der Hitze klarzukommen, …) wird groß. Problematisch sind nur die vielen „Camping verboten“ Schilder. Die Stellplatzsuche in Monfalcone gestaltet sich schwieriger als gedacht. Die Nerven liegen blank. Die Stimmung kippt. Runa weint. Doch dann die glückliche Wendung: Wir fahren eine Straße weiter und landen auf „unserem Katzenparkplatz“ direkt am „Solero Beach“. Der Abend wird noch richtig cool. Wir lernen zuerst Dr. Wolff* (*Name von der Redaktion geändert) und kurz darauf Ida und Adi (aka Schnucki und Schmusi) mit ihrer Emma (ein Mitsubishi L300) kennen. Am Strand gesellen wir uns zu dem sympathischen Pärchen, lachen viel und stoßen mit Aperol Spritz an. Bald wird an der Bar Nachschub in Form von Bier geholt. Mit steigendem Alkoholpegel ist Marco auf einmal super motiviert die Bordbatterie von Emma zu reparieren. Nach einigen Versuchen muss die Aktion allerdings abgebrochen werden, weil Dr. Wolff in Schlafanzughose rüberkommt und sich wegen Ruhestörung beschwert (es war 21 Uhr). Na gut, gehen wir halt alle schlafen. 😀

Freitag 7.8.: Am Vormittag wird Emma’s Bordbatterie von Marco erfolgreich fertig repariert. Runa genießt die Stranddusche am Solero Beach. Es gibt Lasagne zum Mittag (eines von Marcos Spezialgerichten im Omnia Backofen). Am frühen Nachmittag gehen wir im Meer baden und besichtigen die Campingplatzruine nebenan (durch ein Loch im Zaun gelangt man auf das verlassene Gelände). Später verabschieden wir uns von Adi und Ida, die nach Triest weiterfahren. Der Tag fing so gut an, doch die Hitze drückt und reißt Runa in ein tiefes Loch (noch größer als das im Zaun). Mückenterror und Hitzeerschöpfung – die harte Realität im #Vanlife. Marco tröstet und schneidet Runa die Haare. Danach ist die Stimmung deutlich besser. Als es dunkel wird beobachten wir die Katzenlady beim Katzenfüttern. Die Welt ist wieder in Ordnung.

Samstag 8.8.: Die ersten beiden Pakete kommen an!!! Wir fahren nach Triest und holen unser neues Roamy (seitdem auch liebevoll „Römchen“ genannt) sowie die beiden Ventilatoren beim Amazon Counter ab. Vier Werktage Lieferzeit, nicht schlecht für den Anfang. Auch sonst ist Triest eine coole Stadt. Hier wollen wir die längst überfällige Wäsche-Aktion machen und finden einen Waschsalon mit Self-Service. Im Anschluss suchen wir uns bei „Park4Night“ den Womo Stellplatz mit der schlechtesten Bewertung raus und sind begeistert. Für unsere Bedürfnisse reicht’s. Ein mehr oder weniger offizieller Platz, damit wir mehr oder weniger offiziell unsere Wäsche aufhängen können. Kostenpunkt: 4€ für 24 Stunden. Lage: direkt unter einer Autobahnbrücke. Mit Blick auf’s Meer – was will man mehr? Es gibt Reste-Essen: Tomatensüppchen und Bratkartoffeln mit Rosmarin. Ein Hafenspaziergang bei sommerlicher Dämmerung (die Farben sind dann immer so krass schön) rundet den Abend ab.

Sonntag 9.8.: Heute ist Sightseeing angesagt. Wir besuchen den Stadtkern von Triest. Runa hat ein paar Sehenswürdigkeiten herausgesucht (was man bei einem Städtetrip halt so anguckt), aber schnell wird klar, dass Marco keinen Bock hat das „Brandenburger Tor“ zu besichtigen. Wir laufen trotzdem ein bisschen durch „Mitte“, machen einen größeren Abstecher durch „Kreuzberg“ und fahren für die Übernachtung schließlich nach „Neukölln“ – alte Gewohnheit und natürlich Subkultur erleben. Wir steuern ein Kulturzentrum (Casa delle Culture) an und landen schließlich in der „Karl-Marx-Straße“. Pefekt, hier fühlen wir uns zu Hause. Marco kocht wieder Lasagne. Am Straßenrand treffen wir neben einer Bushaltestelle auf das blühende, echte Leben. Ein lustiger Typ kommt ein paar Mal an unserer offenen Bustür vorbei, trägt Gedichte in einer undefinierbaren Sprache vor, singt Lieder über Mexico, schenkt uns schließlich zwei Bonbons und ruft fröhlich „I love you, my lady!“. Zu fortgeschrittener Stunde tanzt ein anderer Typ neben der Telefonzelle mit sich selbst. Mitten in der Nacht hält eine Frau einer anderen Person gefühlt stundenlang einen temperamentvollen Vortrag – es bleibt unklar, ob sie telefoniert hat oder ihr Gesprächspartner einfach sehr schweigsam war.

Ein Paket kommt selten allein.

Der August steht bei uns unter dem Motto „Warten auf Pakete“. Zwischendurch haben wir diesen Zustand bereits „Ausharren“ genannt. Warum? Weil wir beide eigentlich nicht so die Strandurlaub-Typen sind und uns das süße Nichtstun eher schwer fällt. Wir brauchen Beschäfigung, wollen vorankommen. Und jetzt hängen wir bei hochsommerlichen Temperaturen in Italien ab und „müssen warten“. Ja ja, ich weiß. Wir müssen gar nichts! Noch dazu können wir froh sein, in Italien abhängen zu dürfen. Ohne Termine (manchmal leicht einen sitzen). Außerdem: Wer was haben will, muss sich auch gedulden können.

Man sucht sich seine Aufgaben im Leben ja immer selbst. Rückblickend haben wir viel über das Thema „Paketbestellung auf Reisen“ gelernt und würden beim nächsten Mal sicherlich einiges anders machen. Zum Beispiel die Sendungen nicht dorthin zu bestellen, wo wir gerade sind, sondern wo wir zu einem späteren Zeitpunkt gern sein möchten. Wir haben aber auch gelernt, dass es reine Kopfsache ist, ob wir uns dem Gefühl hingeben „warten zu müssen“ (nicht so cool) oder die gewonnene Zeit nutzen, um die Gegend um Triest und Monfalcone herum ganz entspannt auszuchecken (was uns viele schöne Momente beschert hat). Eines ist sicher: Die Enscheidung uns Pakete nach Italien liefern zu lassen hat unsere Reise definitiv entschleunigt. Und Entschleunigung tut gut, auch wenn man das in dem Moment des Entschleunigens nicht immer gleich wahrhaben will.

Aber fangen wir mal von vorne an: Warum zum Teufel haben wir uns überhaupt zu einem so frühen Zeitpunkt auf der Reise bereits Pakete bestellt? Welcher Teufel hat uns da geritten? Und warum verdammt nochmal frisst der Teufel eigentlich Fliegen? Ach ja, wir hatten unser Roamy verloren. Der erste große Tiefpunkt unserer Reise. Stellt euch mal Marco ohne Internet vor… 😉 Weil es das SkyRoam Gerät nicht einfach in einem Ladengeschäft zu kaufen gibt, mussten wir also in den sauren Apfel beißen und unser erstes Paket ins Ausland bestellen. Sofort kam der Geistesblitz: Auf ein einzelnes Paket warten lohnt sich nicht! Lass uns mal überlegen, was wir sonst noch dringend brauchen. Beim Busausbau in Berlin konnten wir nämlich aus Zeitmangel nicht mehr alles besorgen oder fertigstellen, was uns ursprünglich mal in den Köpfen herumschwebte. Umso schöner in Italien nun die Zeit für ein ausgiebiges Shopping-Brainstorming zu haben.

Wir sind schließlich auf folgende Themen / Probleme / Grundbedürfnisse gekommen: 

1) Internet
Ein neues Roamy muss her! Natürlich kann man ohne Internet reisen. Natürlich kann man sich in jedem Land, in dem man länger verweilen möchte, eine günstige SIM Karte kaufen. Natürlich haben wir kurz darüber nachgedacht, ob wir den Luxus einer durchgängigen Internetversorgung überhaupt brauchen. Ist ja schließlich auch eine Kostenfrage. Aber wenn wir ehrlich sind, haben wir keine drei Sekunden darüber nachdenken müssen. Als digitale Nomaden stecken wir wohl schon zu tief im Sumpf der digitalen Abhängigkeit fest (und fühlen uns gut dabei)!

2) Hitze
In einem Fahrzeug ohne Klimaanlage hilft entweder: Fenster öffnen, losfahren und Fahrtwind reinlassen. Oder: Sich gegenseitig mit einem Fächer Luft zufächern. Alternativ übernimmt diese Aufgabe zum Glück auch ein kleiner, verstellbarer Ventilator für dich. Wir haben gleich zwei Ventilatoren bestellt, damit kein Streit aufkommt.

3) Trinkwasser
Italien ist bereits das erste Land auf unserer Route, in dem es nicht selbstverständlich ist, dass trinkbares Wasser aus der Leitung kommt. Unser fest verbautes Filtersystem, um das wir uns noch in der Schweiz gekümmert haben, soll nun durch einen mobilen Wasserfilter erweitert werden. Das gibt uns doppelte Sicherheit: Wir können Bakterien UND Viren herausfiltern. Außerdem können wir den transportablen Filter mitnehmen und somit nicht nur „zu Hause“ (im Bus), sondern auch unterwegs (auf Wanderungen oder Radtouren) Wasser aus allen möglichen Quellen (Leitung, Fluss, See) filtern.

4) Mücken 
Die kleinen Biester rauben einem nicht nur den letzten Nerv, sondern auch den Schlaf. Wer kennt ihn nicht, diesen Moment wenn deine wohlige Traumwelt kurz vorm Einschlafen durch ein penetrantes Mückensirren über dem Kopf (manchmal direkt am Ohr) wie ein Luftballon zerplatzt und du sofort wieder hellwach bist. Ein feinmaschiges, imprägniertes Mückennetz soll dies verhindern. Ist zwar deutlich teurer als die Billigversionen, die es in italienischen Campingläden zu kaufen gibt, aber wir werden irgendwann auch durch Malariagebiete fahren und werden dann bestimmt froh sein, einen ordentlichen Mückenschutz dabei zu haben.

5) Strom
Unser Solarpanel sorgt bei Sonnenschein für unsere tägliche Stromversorgung. Das klappt bei milden und warmen Temperaturen auch super gut. Wenn es allerdings richtig heiß wird, haben wir zwei Probleme: 1) Wir müssen in der Sonne stehen, damit Strom reinkommt. Dadurch heizt sich die Karosserie auf und wir sitzen im Backofen. 2) Sobald die Sonne auf die Karosserie knallt, heizt sich unser Kühlschrank so stark auf, dass er viel mehr Strom benötigt. Abhilfe verschaffen soll ein Laderegler von Victron, mit dem wir während der Fahrt unsere Bordbatterien zusätzlich aufladen können, um nicht komplett von der Sonne abhängig zu sein. Winter is coming.

Macht insgesamt fünf Pakete. Drei davon haben wir über Amazon bestellt und zwei davon konnten wir direkt an eine Amazon Paketstation liefern lassen (in diesem Fall ein kleiner Kiosk in einem Einkaufscenter in Triest). Perfekt.

Aber wo bestellen wir die anderen hin? Für einen Campingplatz oder eine andere Unterkunft wollten wir kein Geld ausgeben, da wir noch nicht wussten, wann die Pakete überhaupt ankommen würden. In der Schweiz hatten wir uns schon mal was an eine Postfiliale (mit dem Zusatz „postlagernd“) liefern lassen, das müsste theoretisch auch weltweit funktionieren (mit der internationalen Bezeichnung „poste restante“). Um auf Nummer sicher zu gehen, wollten wir bei der Post in Monfalcone vorab nachfragen, ob das dort wirklich möglich ist. Vor dem Gebäude war allerdings eine riesige Schlange. Also sind wir weiter rumgefahren und haben bei einem Hotel nachgefragt. Der nette Herr an der Rezeption hat uns zwar zunächst abblitzen lassen („Will you take a room here?“ „No.“ „Then it’s not possible.“), aber nach einem traurigen Hundeblick unsererseits hat er kurz recherchiert und uns den entscheidenden Link gegeben: www.fermopoint.it – eine Website auf der man Geschäfte in Italien findet, die Pakete für dich annehmen oder du Pakete abholen lassen kannst (was in Berlin fast jeder Späti macht).

Das läuft dann ungefähr so: Du kaufst dir online ein sogenanntes Fermoticket. Du klickst den Laden an, der dein Paket annehmen soll. Du bestellst dein Paket dorthin. Du wartest. Sobald dein Paket angekommen ist, bekommst du eine Benachrichtung von dem Laden. Dann holst du dein Paket dort ab und füllst vor Ort einen Zettel mit dem Ticketcode aus. Der Ladenmensch wiederum markiert dein Paket in seinem System als „abgeholt“. 

Klingt einfach. Ist es sicherlich auch, wenn man Italienisch kann. Leider waren die Website und alle Email Benachrichtigungen ausschließlich in der italienischen Landessprache und die Übersetzung der Texte ziemlich irreführend. Nächstes Problem: In Italien spricht kaum jemand Englisch. Zumindest von den Leuten, mit denen wir in Kontakt standen. Unser Freund vom Fermoshop (wir waren in den folgenden Wochen häufiger dort) hat uns nach den ersten kläglichen Kommunikationsversuchen Tastatur und Monitor mit Google Translate im geöffneten Browser rübergeschoben. Das hat einigermaßen gut funktioniert, wir konnten bei der Verständigung ein wenig mit Händen und Füßen nachhelfen. 

Was hingegen überhaupt nicht funktioniert hat, waren die Telefonate mit dem italienischen Kundensupport von Amazon: Das dritte Amazon Paket (über Amazon.it) bereitete uns unergründliche Schwierigkeiten und beim Versuch den Lieferstatus herauszufinden wollte Marco den Support so lange anrufen, bis er jemanden am Telefon erwischt, der Englisch spricht. Ein Ding der Unmöglichkeit. Nach etwa zehn Anrufen, die Marco mit „Do you speak English?“ begann und der Gesprächspartner verneinte, wurde Marcos Telefonnummer vom System geblockt und die Bestellung wurde seitens Amazon storniert (wir vermuten allerdings, dass die Stornierung an der fragwürdigen Kombination aus Marcos Amazon Account, meinen Kreditkartendetails und der italienischen Fermoshop Adresse lag). 

Frustriert bestellten wir das Paket erneut, aber diesmal über einen italienischen No-Name-Webshop. Was dabei herauskam, hat unsere Erwartungen komplett übertroffen. An einem Tag bestellt, am nächsten Tag lag unsere Bestellung bereits im Fermoshop zur Abholung bereit. Das war mal eine positive Überraschung! Das dritte Paket wurde somit (in der zweiten Woche des Wartens) erfolgreich zugestellt, jetzt fehlten nur noch zwei. Paket Nummer 4 konnten wir mit der Trackingnummer gut nachverfolgen, uns war also klar, dass es erst zwischen dem 17.-21. August ankommen würde. Aber Paket Nummer 5 bereitete uns Kopfzerbrechen. Es gab keine Email Bestätigung, uns lag keine Verfolgungsnummer vor und der Typ vom deutschen Online-Shop (nur ein Zwischenhändler) wimmelte Marco am Telefon mit der Äußerung ab, dass es „schwierig sei“ eine „genauere Auskunft“ zu geben. Erst als Marco ihm in der dritten Woche erklärte, dass wir nicht länger warten können und dass wir die Bestellung umgehend stornieren müssen, falls er uns weiterhin keine Trackingnummer geben kann, ging es plötzlich alles ganz flott und er konnte uns innerhalb einer Stunde bestätigen, dass das Paket bereits auf dem Weg zu uns ist. Drei Tage später hielten wir es dann tatsächlich in den Händen.

Long story short: Die gesamte Paket-Aktion hat sage und schreibe drei Wochen gedauert. Was wir in dieser Zeit neben dem „Warten auf Pakete“ alles erlebt haben, erzähle ich euch im nächsten Blogartikel.

Der Teufel und die Fliegen.

Während ich diesen Artikel schreibe, sitze ich zusammen mit Marco bei McDonalds und wir frieren. Hätte ich auch nicht gedacht, dass ich sowas im Hochsommer mal schreiben werde. Weder das mit dem Frieren noch das mit McDonalds. Aber wie heißt es so schön: In der Not frisst der Teufel eben fliegen. Was hat uns also hierher getrieben? Die treibende Kraft war in dem Fall wohl ich, denn schon seit etwa einer Woche verspüre ich den dringenden Wunsch, mal einen ganzen Nachmittag mit meinem Laptop an einem klimatisierten Ort zu verbringen. Blogartikel schreiben sich nämlich in einem auf 45 Grad erhitzten Bus nicht sonderlich gut. Nun ist das Bild von zwei hübschen Personen mit ihren hippen MacBooks in einem kleinen Café vor einer malerischen Kulisse in Italien leider nicht immer auf Knopfdruck umsetzbar. Auf unserer heutigen Suche nach einer netten Location in Monfalcone mit Strom- und Internetzugang sind wir zunächst in einem ohrenbetäubenden Einkaufscenter gelandet. Cafés gab es dort zwar in Massen, aber auch Menschenmassen, jedoch kein brauchbares Wifi. Zurück im Bus, von der nächsten Hitzewelle erschöpft, haben wir uns nach einigem Hadern dann doch für den kurzen Weg entschieden, sprich: 200 Meter quer über den Parkplatz zu McDonalds. Das Essen dort ist immer noch besch***, aber das Wlan funktioniert immerhin einwandfrei und an jedem Tisch gibt es eine Steckdose. So komme ich heute also doch noch zum Schreiben.

Wir schreiben den 1. August 2020. Nach unserem Besuch in Venedig sind wir noch für eine zweite Übernachtung auf dem besagten Campingplatz geblieben. Vorteil: Wir standen dort im Schatten unter Bäumen. Die Temperatur im Bus war sehr angenehm. Nachteil: Wir standen dort im Schatten unter Bäumen. Unser Solarpanel hat zwei Tage in Folge keinen Strom einspeisen können. Einer unserer Campingnachbarn hat uns netterweise sein Stromkabel ausgeliehen, sodass wir den ganzen Nachmittag sorgenfrei mit unseren Laptops im Bus abhängen und rumnerden konnten.

Also ungefähr so wie heute bei McDonalds, nur sehr viel schöner.

Ein bisschen Zuhause-Feeling (und Pause vom Sightseeing) muss ja schließlich auch während der Reise sein. Und interessanterweise habe ich mich an diesem besagten Nachmittag seit unserer Abfahrt aus der Schweiz das erste Mal auf der Reise richtig „angekommen“ gefühlt.

Dieses wunderschöne „heimelige“ Gefühl werde ich in den nächsten Wochen noch ein paar Mal erleben dürfen. Allerdings auch immer im Wechsel mit Gefühlen des Unwohlseins, der Erschöpfung, der Unklarheit. Mir wird bewusst, dass wir noch am Anfang unserer Reise stehen. Wir müssen noch sehr viel lernen. Über uns. Müssen uns noch im Reisen einrichten. Neu kennenlernen.

Ich kriege gerade Gänsehaut, während ich das schreibe. Sch*** Klimaanlage! Und im Hintergrund läuft so ein schnulziger Song im McDonalds Radio. Marco holt uns einen Kaffee. Okay, raus jetzt aus der melancholischen Stimmung.

Jedenfalls haben wir uns kurz nach dem Campingplatz-Besuch sehr ausgiebig damit auseinandersetzen müssen, was uns auf der Reise noch fehlt. Uns ist in Jesolo (der nächstgrößeren Stadt nach Venedig) nämlich aufgefallen, dass uns unser Roamy fehlt. Das ist ein mobiles Gerät von SkyRoam, mit dem wir theoretisch überall auf der Welt Wlan empfangen können – wenn wir nicht gerade bei McDonalds sitzen, denn das Datenvolumen von Roamy (so nennen wir das runde, orangefarbene Gerät liebevoll) ist wie beim Handyvertrag leider monatlich begrenzt. Marco hat Roamy gerne mal auf unser Dach gelegt, damit der Empfang besser ist. In Deutschland ist uns das Teil sogar schonmal beim Anfahren vom Dach gefallen, auf die Straße gepurzelt und dabei fast kaputt gegangen. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann so etwas wieder passieren würde. Tja, aus manchen Fehlern lernt man, aus anderen nicht. Roamy war also weg (RIP!) und wir nutzten das angekündigte Regenwetter, um uns auf dem Marktplatz in Jesolo (Free Wifi Hotspot!) häuslich niederzulassen und zu recherchieren, welche Möglichkeiten es denn gibt sich als reisende Person ein Paket in ein fremdes Land schicken zu lassen.

Wird Roamy wieder auftauchen?
Wie viele Pakete werden bestellt?
Wie viele kommen an?

Das und mehr erfahrt ihr in der nächsten Folge von Marunas Abenteuern – proudly presented by McDoof Klimaanlagen & Kotz KG.

Ghost Town Venice

Heute schreibe ich wieder den Blog Eintrag, da Runa gerade mit Schwitzen beschäftigt ist.

Es ist soweit, unsere erste grosse Touristenattraktion steht vor der Tür, bzw. eigentlich haben wir sie schon hinter uns, aber wir wollen für euch mal den Anschein beibehalten, das wir noch nicht wissen was gleich passieren wird.

Die historische Altstadt von Venedig in der Lagune von Venetien empfängt täglich nahezu 90’000 Touristen. Bei rund 50’000 Einwohnern ist das ganz schön krass. Venedig ist sicherlich eine der Städte auf der Welt, die durch den Tourismus am meisten leiden – und profitieren.
Ohne den Einbruch im Tourismus durch COVID-19 hätten wir uns das sicher nicht angetan.

Angefangen hat unsere Reise auf einem Parkplatz 5 km von Venedig entfernt, wo wir grade dabei waren den Waldrian mit einer Abdeckplane zu bespannen damit wir im Inneren etwas schonender gegart würden.
Auf einmal hält ein Auto an und ein Mann vom Typ Mafiosi mit halb offenem Hemd und Knarre steigt aus (der hatte so eine Halskette mit einem Anhänger in Form einer Pistole).

„Wooow, … blablabla (irgendwas auf Italienisch)“
„Non parlo Italiano!“
„Ah ok, you have a nice car, wow, is it military car?“
„… random text …“

Jedenfalls findet er unsere Karre voll geil, sagt uns dann aber, dass wir da nicht schlafen können, weil das ist verboten und die Polizei kommt regelmässig und kontrolliert, das kostet dann (er schreibt die Zahl auf einen Zettel, da er sie in Englisch nicht aussprechen kann) … 1280 Euro.
Krass, dachte ich mir – deckt sich aber nicht mit den Informationen, die ich habe, aber egal. Er redet weiter, ich rede auch weiter, wir verstehen uns zu 90% nicht. Irgendwann fragt er, ob ich ein Bier will, ich sage ja wir laufen zu seinem Auto wo auch schon ein warmes Dosenbier auf mich wartet. Geil!
Wir trinken also beide ein Bier, Runa verbleibt im Bus macht sich aber komischerweise kein kaltes Bier aus dem Kühlschrank auf – selber schuld!
Während wir also weiterhin versuchen miteinander zu kommunizieren fällt mir auf seiner Frontscheibe ein grosser Aufkleber auf wo steht: „POLIZIA“.
Ah, oh. „You are from the police?“
Jedenfalls sollen wir uns keine Sorgen machen, er gibt seinen Kollegen Bescheid, dass sie heute mal nicht vorbeifahren sollen.

Dann trinkt er sein Bier aus und fährt davon – weird.

Runa meint noch er hat wohl gesagt, dass er nicht mehr im Dienst sei, wir waren uns aber nicht sicher ob er „nicht im Dienst ist“ oder ob er suspendiert wurde. Jedenfalls war uns das nicht so ganz geheuer und wir entschieden uns dann doch auf einen Campingplatz zu fahren (das erste Mal!).

Venedig für unter 60 Euro pro Person!

Campingplätze um Venedig kosten alle so ab 40 Euro pro Nacht, schnell aber auch mehr. Das war uns natürlich viel zu teuer und glücklicherweise haben wir einen sehr einfachen Campingplatz für 15 Euro die Nacht – an einer Strasse wo ich mein Auto nicht parken würde – gefunden. Die Strasse ist eigentlich ganz cool, sie liegt an einem Kanal am Festland wo die ganze Länge runter Leute an schrottigen Booten schrauben. Ich glaube hier sind Boote das was in Berlin alte Busse sind.
Der Campingplatz ist sehr einfach gestaltet, aber besser als jeder Parkplatz – und Parkplätze in der unmittelbaren Umgebung sind teurer!

Wir zahlen also für zwei Übernachtungen 30 euro + 6 Euro für ein echtes Klo mit Dusche!

Am nächsten Tag packen wir unseren Rucksack mit Wasser und Wein (für abends) und fahren nach Venedig rein, wir nehmen dazu die Strassenbahn, also eigentlich ist es eine Mischung zwischen Strassenbahn und Bus. Sie fährt auf Rädern und hat in der Mitte eine einzelne Schiene, aussehen tut sie wie eine Tram und so heisst sie auch.
Wir lösen zwei Tageskarten, womit wir sämtliche öffentlichen Verkehrsmittel, auch die Vaporettos (das sind die Wasserbusse, also Schiffe) in Venedig fahren dürfen. Kostenpunkt: 2x 20 Euro.

Es ist dermassen heiss, dass wir bereits bei der Ankunft in Venedig nach 20 Minuten unsere sämtlichen Wasserreserven aufgebraucht haben, so haben wir nach kurzer Überlegung entschieden, dass wir den noch nahezu kühlschrankkalten Wein am erstbesten Kanal aufmachen werden.
Lange liess der Kanal auch nicht auf sich warten, ein herrlicher Genuss dieser Chianti. Es fällt auf jeden Fall auf, dass die Stadt sehr leer ist. Einige Geschäfte sind zu, die offenen sind nahezu leer. Wir können uns ohne Probleme an einem Kanal ans Wasser setzen, ein Glas Wein trinken und Fische beobachten. Die Stimmung ist sehr ruhig. An einem Balkon weht eine Flagge gegen Kreuzfahrtschiffe in der Stadt. Venedig ist zur Zeit echt ein sehr entspannter und ruhiger Ort!
Wein vom Supermarkt: 5 Euro

Was auffällt ist, dass in Venedig echt alles auf dem Wasserweg passiert. Sogar ein DHL Boot haben wir gesehen.
Auch kulinarisch hat die Stadt einiges zu bieten, wir konnten es nach dem ersten Wein nicht lassen einen venezianischen Döner zu essen. Der Döneriolo hat das Fladenbrot selbst gebacken! Ich würde sagen das war ein Pizzateig, aber halt so köftebrotmässig als Fladen und wurde dann aufgeschnitten. Das war mit Abstand einer der geilsten Döner überhaupt!
2x Döner: 10 Eur0

Der Weg führt über viele Brücken und man verläuft sich schnell. Hier und Da findet sich sogar Streetart. Eines z.B. ein Stencil gegen Kreuzfahrtschiffe.

Wir waren von der Stadt so geflasht, dass wir die typischen Brennpunkte des Tourismus gar nicht mehr unbedingt aufsuchen wollten und doch standen wir dann auf einmal auf einem leeren Markusplatz wo Schilder von einer sonst ganz anderen Dimension des Andrangs zeugen.
So darf man sich z.B. nur auf dafür vorgesehene Stellen setzen und das Essen und Trinken auf dem Platz ist offenbar nur in Restaurants erlaubt.

Nach einigen weiteren „Weinpausen“ fahren wir dann mit dem Wasserbus nach Lido. Also eigentlich fahren wir erst 3 mal falsch, aber danach fuhren wir dahin.
Am Strand in Lido angekommen trinken wir das letzte Glas unseres mittlerweile auf Körpertemperatur angekommenen Rotweins und kühlen uns in Unterhosen im genauso warmen Mittelmeer ab.
Den Abschluss macht ein Abendessen auf Lido mit Bierpreisen gesalzener als unsere nassen Schlübber.
2x Bier 14 Euro
2x Pizza 15 Euro

Danach geht es mit dem Vaporetti zurück zur Tramstation. Die Fahrt im Dunkeln führt durch eine Geisterstadt. In kaum einem Gebäude brennt Licht und wenn dann nur vereinzelt. Genauso verschlafen und unschuldig habe ich mir Venedig vorgestellt.

Wir waren also in Venedig inkl. 2 mal Übernachten und haben dafür schlappe 60 Euro pro Person hingeblättert!

1-2-3 Feuerwerk.

Italien begrüßte uns mit Regen und Nebel (ein Wetter, das ich schon sehr bald vermissen werde). Der Grenzübergang war leer, wirklich keine Menschenseele. Durchgängig alle Personen, die uns auf den ersten Kilometern in Grenznähe begegneten, trugen ihren Mund-und-Nasenschutz an der frischen Luft (!) auf der Straße (!) trotz ausreichendem Abstand zu anderen Leuten (!) … puh, müssen wir das ab sofort auch ständig tun? Schnell stellte sich jedoch heraus, dass die Regelungen zur Maskenpflich in Italien ganz ähnlich sind wie in Deutschland. Also alles easy und entspannt, an den wichtigen Stellen – sprich in geschlossenen Räumen oder wenn man den Mindestabstand nicht einhalten kann – jedoch konsequent umgestetzt (was einem dann ja auch wieder ein gutes Gefühl gibt). 

Der Regen ließ schnell nach und wir erreichten den Iseosee in der Lombardei bei abendlichem Sonnenschein. Dank der Park4Night App fanden wir einen praktischen Stellplatz in der Ortschaft Marone in der Nähe von einer öffentlichen Strandwiese. Der Strand hatte alles was das Herz begehrt: Einen Zugang zum See, eine kleine Bar mit Toiletten und eine kalte, aber äußerst erfrischende Draußendusche. Den Samstagvormittag verbrachten Marco und ich mit einer ausgiebigen Fahrradtour entlang des Sees. Als wir zurückkamen, wartete bereits eine weiße Schrottkarre (ähm, ein topmoderne Sprinter, meine ich) auf uns. An der Seitenwand die vertraute rote Aufschrift „1-2-3 Feuerwerk“. Zwei grinsende Gesichter strahlten uns aus der Fahrerkabine an. Was für ein schönes Gefühl es ist, gute Freunde zu treffen. Noch dazu in Italien. Tobi und Jule sind für einen Teil ihres Urlaubs in dem benachbarten Örtchen Zone untergekommen und wir haben es sehr genossen mit den beiden die nächsten zwei Tage zu verbringen. Es kam richtig Urlaubsfeeling auf. Typische Strandtage mit Sonnenbad und Abkühlung im See, Biertrinken und Kartenspielen (Marco hat versucht uns das schweizerische Jassen beizubringen), abends mit den Fahrrädern durch Marone düsen und in einem Restaurant mit Seeblick schlemmen (nochmals vielen Dank für die Einladung, lieber Tobias). 

Aufgrund schwindender Fahrtüchtigkeit wurde beschlossen mit beiden Bussen auf dem Strandparkplatz zu pennen (Vorteil: nachts Baden inklusive). Und da in Italien viele Geschäfte auch am Sonntag geöffnet haben, konnten wir in spitzenmäßiger Teamarbeit ein hammer Frühstück auf die Beine stellen, das wir zusammen in „Café Waldrian“ verspeisten. Ein zweiter Tag mit Chillen am Strand folgte. Später am Nachmittag hatten wir Bock auf Aktivität und fuhren mit den beiden Bussen die Serpentinen hoch nach Zone, um dort die kegelförmigen Erdpyramiden zu besichtigen (wer zu deren Entstehung mehr wissen will, siehe Wikipedia). Abgerundet wurde der Tag mit einem richtig leckeren Abendessen im Dorfkern von Zone. Typisch italienische Küche. Ich möchte behaupten, das war die beste Lasagne meines Lebens. Zudem trug der Abend bei Marco und mir zur Einführung einer neuen Gewohnheit bei: „Antipasti essen“. Seitdem bereiten wir uns wirklich jeden Nachmittag im Bus einen gemischten Antipasti Teller zu, den wir als Zwischensnack oder anstelle einer Hauptmahlzeit verspeisen. Das geht schnell, spart Abwaschwasser und ist noch dazu leicht und gut bekömmlich.

Am Montag hieß es dann Abschied nehmen. Tobi und Jule besuchten uns noch einmal kurz an unserem neuen Stellplatz im Grünen, bevor sie für einen Tagesausflug weiter nach Verona fuhren. Auch wir wollten nach diesem wunderschönen Wochenende wieder auf die Straße. In unserem gewohnten Schneckentempo ging es los in Richtung Gardasee. Die Fahrt entpuppte sich jedoch als Höllenritt. Jaaa okay, vielleicht übertreibe ich ein wenig. Aber es war einfach extrem heiß. Extrem! Heiß! Und so führten wir an diesem Tag noch eine neue Gewohnheit ein: „Runa abkühlen“. Wir planen unsere Route ab sofort immer mit einem Zwischenstop an einem (idealerweise fließenden) Gewässer. 

Nach der übertrieben heißen Fahrt an diesem übertrieben heißen Tag wurden wir abends am Gardasee immerhin mit einem Bilderbuch-Sonnenuntergang belohnt.

Der komplette See war von zarten Pastellfarben überschleiert und zauberte eine mystische Atmosphäre. Ein weiteres Highlight war die Schwan-Familie mit ihren heranwachsenden Jungschwänen im grauen und weißen, buschigen Gefieder.

Noch ein kurzer Abstecher in eine Cocktailbar und dann wollten wir einfach nur noch schlafen gehen. Hatten wir uns so gedacht. Die Nacht am Gardasee war allerdings der Horror. Okay, ganz so schlimm auch wieder nicht. Aber wir parkten direkt an einer Hauptverkehrsstraße (wegen Parkplatzmangel für Gefährten über 2,30 Meter) in einer Parknische ungefähr 10 Zentimeter von den vorbeibretternden Autos entfernt und wurden nachts um 2 (als zumindest der Autolärm auf ein erträgliches Maß gesunken ist) von zwei mutmaßlich betrunkenen Fahrraddieben geweckt. Der Diebstahl blieb glücklicherweise erfolglos für die beiden. Aber einer von ihnen hat doch tatsächlich versucht unsere Räder vom Fahrradheckträger zu lösen, indem er die Festzurrgurte öffnete. 

Mitten in der Nacht. Ich schrecke von verdächtigen Geräuschen am Bus auf. Blick nach draußen. Ein Typ vor dem Bus, er wartet ungeduldig. Ein Typ hinter dem Bus, er fummelt an unseren Rädern rum. Alter! Merkst du nicht, dass die Fahrräder am Heckträger zusätzlich mit Abus-Schlössern fest angeschlossen sind? – denke ich mir. Ich klopfe wie wild an die Scheibe. Er guckt mich verwirrt an. Hat wohl nicht damit gerechnet, dass da Leute im Fahrzeug sind. Nichts passiert, nur Blickkontakt. Ich schüttel verständnislos den Kopf. Er fängt an mit seinen Händen ein Lenkrad zu imitieren und zeigt in Richtung Straße. Fragt der Typ mich gerade ernsthaft, ob wir ihn ein Stück mitnehmen? „No!“ – rufe ich. Er zuckt noch kurz mit den Achseln, dann hauen die beiden Typen ab und schlendern zu Fuß die Straße runter.

Was war das denn?! Nach dieser merkwürdigen Situation lag ich gefühlt stundenlang hellwach im Bett bis ich dann irgendwann in einen unruhigen Schlaf verfiel. Trostpflaster am nächsten Morgen war ein Badegang im Gardasee, der uns half wieder einigermaßen klarzukommen. Schnell weg aus der Touristengegend. Die Tagesroute führte uns nach Zevio (bei Verona). Marco hatte uns einen Wiesenparkplatz mit Bäumchen herausgesucht. Er lag direkt an einem Fluß, der unter einer Brücke hindurchlief. Schatten, kaltes Wasser, Nichtstun. So ließ es sich bei der Hitze aushalten. Das kann man übrigens auch bei den Einheimischen gut beobachten – das Herumlungern auf schattigen Parkplätzen ist der Hit in Italien. Abends war ich sogar fit genug für eine anderthalb stündige Yoga-Session auf Waldrians Dach (an dieser Stelle vielen Dank an meine Mama für den Tipp mit der Yoga Vidya App). 

Next Stop: Paradise Beach. Hoffentlich ist der Name auch Programm, dachte ich mir noch. War dann auch so. Wir wurden nach einer Radfahrt durch wildes Naturschutzgebiet überrascht von einem Sandstrand mit traumhaftem Zugang zum warmen See. Wie Urlaub am Meer, nur mit Süßwasser und ohne Touristen.

Piazzola sul Brenta, so heißt die angrenzende Stadt. Die Brenta ist der Fluß, der sich um den paradiesischen See schlängelt. Übernachtet haben wir mit Waldrian auf einem Parkplatz in der Stadt, wo wir von einem Einwohner großen Respekt für unseren Bus ernteten. Generell bekommen wir von den Italienern oft positive Reaktionen auf unser Gefährt, so wird uns häufig freudig zugewunken oder ein Daumen-hoch gezeigt. Mega schön solche Gesten. 

Die Temperaturen sanken trotz Schattenplatz in der Nacht leider trotzdem nicht unter 26 Grad. Ach ja, und unsere neuen treuen Freunde (nachdem wir uns von Jule und Tobi ja leider wieder verabschieden mussten) sind übrigens die Mücken. Ah pardon, die Hitze und die Mücken. Wir wollen ja niemanden vergessen. So entwickelte sich bald noch eine neue Gewohnheit bei uns (aller guten Dinge sind bekanntlich drei): „Klimatisiert einkaufen“. Da wird der Besuch von klimatisierten Geschäften (wahlweise Supermärkte, Baumärkte oder Campingausstatter) zum ausgedehnten Hobby. Der Einkauf selbst zur Nebensache.

Morgen geht es nach Venedig. Am meisten freue mich auf das Wasser. Und auf die kleinen, verwinkelten, schattigen Gassen.

Der erste Ritt

Nachdem ich nun das Krankenhaus wieder verlassen habe (mir gehts übrigens wieder blendend) und die letzten Familienbesuche abgeschlossen sind, ging es dann nach bestimmt 7 Wochen auch wirklich los. Endlich, ey!

Erstes Highlight – noch in St.Gallen – war auf jeden Fall der Burning Alain, wo mein Bruder uns mit hingeschleppt hat. Bei dieser jährlich stattfindenden Feier zu Ehren des grossen Alain, welcher an diesem Tag Inkarnation feiert, wurde ein vier Meter hoher hölzerner Götze in der Form des heiligen Alain mühevoll in Handarbeit gebaut und im Anschluss – angezündet… Toll!

Nach einem kurzen Abstecher in Zürich und einem darauf folgenden morgendlichen Bad in der Limmat fahren wir weiter Richtung Kanton Schwyz wo auch schon die Kollegen von der Polizei auf uns warten.

Marco und die Polizei

„Grüezi, allgemeine Verkehrskontrolle!“
Oooukay…
„Das dauert etwas länger, der Kollege ist neu, das hat aber nichts zu bedeuten, keiner Sorge.“
Oooukay…
„Tolles Fahrzeug, wo geht es denn hin?“ Fragt mich der Polizist, ich erläutere ihm unser Vorhaben im Detail.
10 Minuten später soll ich dann aussteigen.
„Haben Sie in letzter Zeit Alkohol getrunken?“ Nein.
„Würden Sie mal bitte in das Röhrchen blasen?“ Klar.
„0,0 Promille“
„Dann würden wir mit Ihnen gerne noch einen Drogenschnelltest machen.“
„Das möchte ich nicht!“ antworte ich, „die Dinger haben eine viel zu hohe Fehlerquote, es gibt keinen Grund dies zu tun und ohne Befehl der Staatsanwaltschaft werde ich dem nicht zustimmen.“

(Hier muss zu meiner Verteidigung noch gesagt werden, dass dies in Deutschland das übliche Procedere ist. Wer einem solchen Test zustimmt kann durchaus Stress bekommen, da die Staatsanwaltschaft auf der Basis dieser sehr fehleranfälligen Tests eine Blutuntersuchung anordnen wird und dafür muss man dann ins Krankenhaus fahren und warten etc. Das dauert ewig.)

In der Schweiz läuft das wie ich jetzt erfahren durfte offenbar ein wenig anders mit dem Rechtssystem. Der alleinige Widerspruch reicht als Verdachtsmoment aus um eine Blutuntersuchung anzuordnen und ausserdem das gesamte(!) Fahrzeug zu durchsuchen (ohne Verfügung eines Richters, ohne Durchsuchungsbefehl, auch bei einem Wohnmobil!)
Nachdem ich das erfahren habe war es dann aber auch schon zu spät und der Stein war bereits am Rollen – na super.
Das zwischenzeitliche Ende vom Lied ist, dass unser Bus von oben bis unten durchsucht wurde, ich schon wieder im Krankenhaus gelandet bin und ausserdem bis das Ergebnis feststeht in der Schweiz kein Fahrzeug mehr lenken darf.
Ausserdem durfte ich eine Kaution von schlappen 2600 CHF abdrücken, für den Fall, dass der Bluttest positiv ausfallen sollte. Mindestens 1000 wird es aber sicher kosten, weil ich widersprochen habe. Tolles Rechtssystem!

Auf dem Untersuchungsbefehl stand am Ende, dass ich „gerötete und wässrige Augen“ hatte und „nervös und gesprächig“ war… zudem hätte ich (bei 30 Grad) geschwitzt…
Wenn es schon in der Schweiz so leicht ist in Probleme mit der Polizei zu geraten, sollte ich in Zukunft vielleicht einfach mal die Schnauze halten und machen was die sagen…

Das Positive an der Sache ist, das wir jetzt auch etwas schlauer geworden sind. Eine deutsche Fahrerlaubnis kann im Ausland z.B. nicht aberkannt werden, hierzu ist lediglich die Deutsche Behörde zuständig, die Plastikkarte kann zwar theoretisch abgenommen werden, dies ist aber rechtlich mehr als problematisch und wird daher eher nicht gemacht.
Der Führerschein wird unserer Recherchen nach auch nicht in Deutschland eingezogen, wenn man diesen im Ausland „verloren“ hat.

So, ab jetzt fährt also Runa. Wie früher, aber die Grenze ist ja nicht mehr weit.
Die langwierige Reise führt uns weiter ins Tessin, wo wir auf einem Restaurantparkplatz nach gefühlt unendlich langer Parkmanöverplanung unseren baldigen Schlafplatz bezogen haben.
Das Übernachten auf Gaststättenparkplätzen funktioniert übrigens ziemlich gut und zwei Bier sind erheblich günstiger als ein Campingplatz. Ausserdem bekommt man auf dem Campingplatz kein Bier geschenkt! 🙂
Wenn man also mal wieder zu viel gefahren ist als eigentlich nötig gewesen wäre, erspart die Kneipe die manchmal lästige Suche nach einem Stellplatz und besänftigt auch noch die Nerven mit kühlem Bier!

Am darauf folgenden Morgen holen wir noch ein Paket mit Sicherheitsprofilen für unser Fenster ab, welches ich nach Lugano in eine Postfiliale bestellt hatte und fahren dann weiter nach Italien.

Zwischenzeitlich hat uns Tobias noch geschrieben, er und Jule sind auch in Italien. Ob wir ihn da treffen werden?


Reisebeginn. Eine Baustelle weniger.

05.07.2020 – Gachnang, Schweiz.

Die Reise fängt gut an. Marco liegt in einem Krankenhaus in der Schweiz, ihm wurde letzte Nacht der Blinddarmfortsatz entfernt. Seit fünf Wochen hatte er bereits wiederkehrende Beschwerden in der Magen-Darm-Gegend, die gestern ihren Höhepunkt fanden. „Reine Routine-Operation“, wie der hochdeutschsprechende Chefarzt (in der Schweiz arbeiten überwiegend deutsche Ärzte, muss wohl an den satten Löhnen liegen) uns mitteilte. Alexander. Ein erfolgsversprechender Name, wie das Schildchen an seinem Arztkittel mir verriet. Das beruhigte mich irgendwie. Schon verrückt, was ein Name ausmachen kann.

So richtig beruhigt bin ich allerdings erst seit meinem heutigen Besuch am Vormittag im Kantonsspital Frauenfeld. Marco hatte zwar noch mehr oder weniger starke Schmerzen (die Frage einer Krankenschwester, wie er sein Schmerzempfinden auf einer Skala von 1 bis 10 einschätze, beantwortete Marco mit: „Keine Ahnung, zwischen 6 bis 8 würde ich sagen. Also, momentan habe ich gar keine Schmerzen.“), aber insgesamt machte er einen grundsoliden Eindruck auf mich. Trotz Schlauch im Bauch. Zudem ließen seine genauen Anweisungen, was ich ihm bitte mit ins Krankenhaus bringen soll („Ich brauche ’nen Stromadapter Schweiz, mein Tablet, Ladekabel für Tablet und Handy und meine Kopfhörer – in der Elektrokiste hinten.“), darauf schließen, dass es bei ihm wieder deutlich bergauf ging. Seinen Kulturbeutel hat er übrigens erst eine Stunde später auf die Liste gesetzt. Manchmal muss man halt Prioritäten setzen.

Gestern Abend war ich mir jedoch nicht so sicher, ob es eine gute Idee ist, sich auf Verdacht den Blinddarm rausnehmen zu lassen. Ganz nach dem Motto: Lieber einmal zu viel als zu wenig operiert. Echt jetzt? Zumal sich die Krankenhausaufenthalte von Marco im vergangenen Jahr mehr als gehäuft haben. Hörsturz durch Knalltrauma beim Busausbau im August, Augen-OP im Oktober, Hüft-OP kurz vor dem Corona Lockdown im März. Hab ich noch etwas vergessen? Ach ja, und jetzt eine Blinddarm-OP. Ich verliere bald den Überblick. 

Der simple Eingriff („Wir hatten vorhin erst einen Patienten, bei dem hat die Blinddarm-OP nur 35 Minuten gedauert und er war danach sofort wieder fit.“) hat sich in Marco’s Fall leider als doch etwas komplizierter herausgestellt. Die Operation hat bei ihm zwischen anderthalb und drei Stunden gedauert. So ganz genau konnte er mir das heute nicht mehr sagen. Viel ausführlicher hingegen war seine Beschreibung welche Auswirkung das Morphium auf seinen Körper gehabt hatte. Wieder ganz der alte Marco. Ich deutete auch das als Zeichen dafür, dass es ihm besser ging.

Im Nachhinein sei die OP wohl auch absolut notwendig gewesen, da die Entzündung im Blinddarm bereits fortgeschritten war und nicht mehr von allein abgeheilt wäre. Laut Chefarzt Alexander hätte eine Behandlung mit Antibiotika die Probleme nur um ein paar Wochen oder Monate nach hinten verschoben, d.h. früher oder später wäre es zu einer erneuten Entzündung gekommen, die im schlimmsten Fall zum Durchbruch geführt hätte. Keine rosigen Aussichten in Anbetracht dessen, dass wir jetzt noch überhaupt nicht wissen, in welchen Ländern und welchen Umständen wir uns in den nächsten Monaten befinden werden. Von daher: Gut, dass wir dieses Problem noch in der Schweiz beheben dürfen. Wieder eine Baustelle weniger. Danke, Alexander. 

Doch. Die Reise fängt gut an. Bleibt alle gesund.