Heiß, heiß, Baby!

Mitte Oktober traten wir den Weg Richtung griechische Grenze an. Auf der Fahrt aus Plovdiv heraus hielten wir noch kurz bei Decathlon, um uns (oder vielmehr mir) endlich den Wunsch nach einer ordentlichen Yoga-Matte zu erfüllen. Diese wurde auch gleich am nächsten Morgen an einem malerischen Stellplatz auf einer Wiese am Fluss eingeweiht. Das war das erste (jedoch bislang auch das einzige) Mal, dass Marco und ich zusammen morgendliche Sportübungen gemacht haben (Yoga ist wohl eher mein Ding, während Marco lieber mit dem Fahrrad Sprints fährt).

Die letzten Tage in Bulgarien fuhren und spazierten wir durch Schluchten, besichtigten eine Höhle mit dem Namen „Devil’s Throat“, kümmerten uns um die Online-Anmeldung für unseren Grenzübertritt und suchten uns ein Krankenhaus in Grenznähe für den notwendigen PCR Test. 

In Petrisch fanden wir sowohl ein passendes Krankenhaus mit Labor als auch einen Campingplatz mit Waschmaschine, denn auch das wollte mal wieder erledigt werden. Das Tor vom „Sunny Paradise Camp“ war verschlossen, also klingelten wir. Ein Hund bellte, doch es dauerte noch eine Weile bis die Tür aufging. Ein strahlender Mann begrüßte uns, gab uns eine kleine Führung (wir waren übrigens die einzigen Gäste) und erwähnte so ganz nebenbei, dass wir uns auf dem Gelände ganz frei fühlen und auch gern nackt rumlaufen dürfen, falls wir möchten. Auch seine Frau erklärte uns beim Einchecken nochmal, dass sie und ihr Mann am liebsten unbekleidet sind, sofern die Gäste kein Problem damit haben. Wir ließen zwar selbst die Klamotten an, gaben den beiden aber gern unseren Segen und keine halbe Stunde später sahen wir das lustige Pärchen für den Rest des Tages nur noch nackig über den Platz hüpfen. Zwei herzliche Menschen, die sich wahrlich ihr eigenes Paradies erschaffen haben.

Am nächsten Tag machten wir im Krankenhaus den PCR Test. Die Suche nach dem richtigen Zimmer dauerte eine gefühlte Ewigkeit und erinnerte uns mal wieder an Asterix‘ und Obelix‘ Passierschein A38. Das Prozedere mit dem Abstrich im Labor ging dann schließlich ganz fix und wir nutzten die Wartezeit von 1-2 Tagen für einen Besuch bei den heißen Quellen in Rupite bis wir das (glücklicherweise negative) Testergebnis abholen konnten. Der Stellplatz bei den Thermalquellen ist übrigens einer meiner bisherigen Top-Favoriten. Nicht nur das heiße Bad in den Naturbecken (besonders nachts zu empfehlen!) war der absolute Wahnsinn, auch die Landschaft drumherum ist bezaubernd und zudem scheint der Ort ein beliebter Treffpunkt für Reisende zu sein. Nach wochenlangem Alleinreisen haben wir uns jedenfalls extrem darüber gefreut, auf Gleichgesinnte zu treffen und haben uns mit einer ganz lieben Familie angefreundet, die auch auf dem Weg nach Griechenland zum Überwintern war. Wäre der PCR Test nicht gewesen, wir wären definitiv noch länger geblieben. Doch das Testergebnis durfte an der Grenze nicht älter als 72 Stunden sein. Der Grenzübergang verlief übrigens blitzschnell (es waren nur drei Autos vor uns) und mega routiniert (Ausweisdokumente und Testergebnisse vorgezeigt, QR Code gescannt, Beifahrer für einen weiteren PCR Test nach dem Zufallsprinzip eingereiht, Stäbchen in die Nase gesteckt, zack, fertig). Das hat alles gefühlt keine 30 Sekunden gedauert. Und so erreichten wir Griechenland – unser erstes großes Etappenziel – am 21. Oktober 2020 schneller als erwartet bei schönstem Sonnenschein.

Petar und der Rakija

Ich hatte euch noch mehr bulgarische Highlights versprochen, hier kommen sie. Im Oktober verbrachten wir einige Tage mit Geocaching. Die Caches haben uns wieder einmal an zauberhafte Orte in Bulgarien geführt.

Auf dem Weg zu einer Talsperre kletterten wir über organische Felsformationen und fanden auf einem zerfallenen Schulgelände einen Kuhschädel, der seitdem als Souvenir die Frontseite von Waldrian schmückt. Ein weiterer Cache war neben einem Stoppelfeld in einem Kalksteinfelsen versteckt (der Titel dieses Geocaches hieß „Vulva“, die Fotos verraten euch wieso). Der Rückweg übers Feld wurde uns von einer Schafsherde mit zwei niedlichen Hütehunden versüßt. Ein abendlicher Halt bei den „Stone Mushrooms“ überzeugte uns hingegen nicht wirklich, was an der Lage (direkt neben einer Straße) und an der damit einhergehenden Menschenmenge lag.

Deshalb fuhren wir über Nacht auch lieber ein paar Kilometer weiter zu einem Hügel, auf dem eine kleine Hütte trohnte. Ich konnte Marco davon überzeugen, sich mit mir zusammen frühmorgens den Sonnenaufgang vom Flachdach der Hütte aus reinzuziehen. Er fand die Idee mittelmäßig, machte aber mit. Ich fand diesen Ort so wunderbar, dass ich gleich noch eine Yoga-Session auf dem Hüttendach dranhängte. Gut, dass der Morgen so entspannt anfing, denn es wurde ein ereignisreicher Tag.

Es war einer dieser Tage, an denen wir eigentlich „nur“ einen Geocache suchen wollten. Aber dann verselbstständigte sich alles irgendwie. Das Wetter war grandios und wir fuhren zu einem verlassenen Flugplatz, der von einem Hund und angeblich auch von Kameras überwacht worden ist, was uns jedoch nicht aufhielt mit unseren Rädern über den (bereits zerlöcherten und flach auf dem Boden liegenden) Zaun zu steigen. Das Gelände war so weitläufig, dass es eine gute Idee war, die Fahrräder mitzunehmen (zumal es sich bei dem Geocache um einen Multicache handelte, also um mehrere Geocaches, die thematisch zusammengehörten, jedoch über mehrere Kilometer verteilt lagen). Nachdem wir einige Stunden unbemerkt auf dem Flugplatz verbracht hatten, kamen wir am anderen Ende des Geländes an. Dort trafen wir auf einen Bewohner aus dem Nachbar-Dorf, der seiner Tochter (die glücklicherweise Englisch sprechen konnte) zeigen wollte, wo er früher gearbeitet hatte (er war damals als Flugzeugmechaniker tätig). Leider kam zwei Minuten später ein Security-Fahrzeug um die Ecke gefahren. Wir bekamen keinen Ärger (der Vater sprach ja Bulgarisch und hat das Gespräch mit dem Sicherheitsdienst übernommen), jedoch wurden wir gebeten, das Gelände auf direktem Weg (d.h. durch den hinteren Ausgang) zu verlassen. Unser Bus stand zwar noch am Vordereingang, aber wir hatten unsere Fahrräder dabei, also halb so wild. Schön war, dass wir Vater und Tochter draußen unsere Fotos zeigen konnten, somit haben die beiden zumindest einen digitalen Eindruck davon bekommen, wie das Gelände heute aussieht. Der Vater hat ein paar Geschichten über die Gebäude erzählt und die Tochter hat übersetzt. So konnte jeder etwas beitragen und es wurde zu einer richtig netten Begegnung. 

Tja, nun mussten wir „nur“ noch zu unserem Bus zurückfahren. Problematisch war, dass der ca. 3 Kilometer lange Flugplatz umzäunt war und kein Weg drumherum führte. Der Vater hat uns erklärt, dass wir einen Umweg von 15 Kilometern fahren müssten. Zuerst ins benachbarte Dorf, dann in die nächstgrößere Stadt und dann über die Hauptstraße wieder zum Flugplatz. Auf die Räder, fertig und los. Das erste Drittel bis ins Dorf ging ganz gut, auch wenn die Sonne brannte. Umso erfreulicher, dass der Dorfladen geöffnet hatte und wir eine Pause mit Erfrischungsgetränk einlegen konnten. Am „Stammtisch“ vor dem Geschäft lernten wir Petar kennen, der dort mit einem Bier saß und uns in gebrochenem Deutsch anquatschte. Nach einem längeren Plausch (wir fragten insbesondere nach der typisch bulgarischen Küche) verabredeten wir uns mit ihm für den Abend (wir sagten in zwei bis drei Stunden) zum Essengehen in der Kneipe nebenan. Kein Problem, wir könnten einfach wiederkommen, er würde dann sowieso noch vor dem Dorfladen sitzen. Gesagt, getan. Wir stiegen wieder auf die Räder und fuhren das zweite Drittel in die Stadt, diesmal über eine vielbefahrene Landstraße (natürlich ohne Radweg), was leider nicht mehr so angenehm war. Kurz vor Ortseingang wurde die Straße immer enger und schneller, wir flüchteten auf einen Feldweg, um in die Stadt zu kommen und Geld abzuheben, da wir nichts Bares mehr in den Taschen hatten. Langsam ging die Sonne unter und wir ahnten schon Böses als wir quer durch die Stadt fuhren. Am Ortsausgang war klar, dass wir das letzte Drittel der Strecke nicht mehr per Fahrrad bestreiten wollen, da wir auf eine zweispurige Schnellstraße mit Leitplanken blickten. Nun hatten wir keine Schlösser dabei (die hätten wir beim Geocachen schließlich nicht gebraucht), also wartete ich mit den Rädern an einer Tankstelle während Marco ein Taxi nahm, um unseren Bus zu holen. Mittlerweile war es stockdunkel, was für eine Odyssee. Witzigerweise saß Petar wirklich noch mit seinem Bier (das wievielte es wohl gewesen ist) am Stammtisch als wir ins Dorf zurückkamen (übrigens genau drei Stunden später, d.h. wie verabredet). Es folgte ein feucht-fröhlicher Abend, der hart eskalierte (zu viel Rakija) und uns (trotzdem) in guter Erinnerung bleibt. „Viel Spaß mit der bulgarischen Gastfreundlichkeit!“, wünschte uns unsere ehemalige (aus Bulgarien stammende) Mitbewohnerin aus Berlin. „Lernt NEIN zu sagen!“, hat sie uns geraten. Jetzt wissen wir warum. 

Den Kater am nächsten Morgen konnten wir erfolgreich mit Baniza (sehr lecker) und Boza (sehr speziell) bekämpfen. Weiter ging es nach Plovdiv, der Heimatstadt unserer besagten Mitbewohnerin und Freundin, die uns ganz viele tolle Tipps für die Stadtbesichtigung geschickt hat. Wir haben es geliebt im Künstlerviertel Kapana Essen zu gehen und können sowohl das Pavaj als auch das Aylyakria wärmstens weiterempfehlen. Von A wie Altstadt und Antikes Theater bis C wie Craftbiertrinken – wir haben die Zeit in Plovdiv sehr genossen uns standen drei Nächte lang stadtnah und trotzdem von der Natur umgeben auf einer Wiese am Wasser. Am zweiten Abend haben wir Jürgen kennengelernt (unsere erste deutsche Bekanntschaft in Bulgarien). Wir fanden Jürgen auf Anhieb sympathisch und haben uns riesig gefreut, als er uns abends zu sich ins Wohnmobil auf einen „Basalt-Schnaps“ eingeladen und uns viele gute Reisemöglichkeiten für Griechenland gezeigt hat.

Yin und Yang

Unser erster Eindruck von Bulgarien (Ende September 2020): Neblig, ruppig, schön. Ruppig im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Straßenqualität (die in Serbien bereits schlimm war) nahm rapide ab. In Slivnitsa brauchten wir erstmal eine Pause, die wir zum Geldabheben und Döneressen nutzten. Überraschenderweise wurde die Straße kurz darauf wieder richtig gut, weshalb wir am gleichen Tag noch bis Sofia durchfuhren. In Sofia wollten wir sowieso etwas länger verweilen, da uns ein lieber Freund viele gute Tipps aus seiner Heimatstadt gegeben hat. Unsere erste Anlaufstelle war jedoch erstmal der Praktiker Baumarkt. Der Parkplatz dort war so praktisch, dass wir gleich zwei Nächte blieben und einen Hartgammeltag im Bus bei Dauerregen eingelegt haben. Darf auch mal sein. 

Am Sonntag schien wieder die Sonne, perfekt um die Stadt zu entdecken. Ganz in der Nähe vom Zentrum haben wir eine super Parklücke in einer wenig befahrenen Straße neben dem sogenannten Hundepark erwischt. Auf unserer Radtour durch den Park (der uns stark an den „Görli“ erinnerte) haben wir uns sofort wie zu Hause gefühlt. Ich denke, wir waren von Sofia auch deshalb total begeistert, weil sich mal wieder dieses Berlin-Gefühl bei uns eingestellt hat. Nachmittags haben wir in absoluter Wohlfühlatmosphäre („The Apartment“ – welch tolle Empfehlung!) Schach gespielt. Der Tag war so schön, dass wir schon richtig Lust auf die folgenden Tage bekommen haben. Doch unsere Radfahrt am nächsten Morgen mussten wir nach der ersten Etappe abbrechen, weil es Marco auf einmal immer schlechter ging. Er wurde tatsächlich krank und bekam immer höheres Fieber. Den Rest der Woche war für ihn Bettruhe angesagt. Nach zwei Tagen heftigem Fieber wurde es ab Mittwoch langsam besser, somit blieb uns der Gang ins Krankenhaus zum Glück erspart. Dennoch blieb Marco die gesamte Woche im Bett liegen. Ich habe mich derweil mit Lebensmitteleinkäufen, Spaziergängen, Yoga, Lesen und Laptopkram beschäftigt. Das Wetter war ziemlich wechselhaft, umso mehr habe ich den Park direkt neben unserer Bustür genossen, sobald sich die Sonne hat blicken lassen. Mal abgesehen von Marcos Krankheit hat uns die Woche „Zwangspause“ aber richtig gut getan. Reisen kann nämlich auch ganz schön anstrengend sein, wenn man (wie wir bis zu dem Zeitpunkt) immer nur ein bis maximal zwei Nächte an ein und demselben Ort bleibt. Am Hundepark standen wir insgesamt acht Nächte. Eine echte Höchstleistung für uns.

Als die Krankheit weitestgehend überstanden war, haben wir noch für zwei Tage einen Campingplatz in Sofia angesteuert, um dort Wäsche zu waschen, warm zu duschen, Strom zu zapfen, Wasser aufzufüllen und mit dem Internet nicht sparsam zu sein (die üblichen Verdächtigen halt). Dann hatten wir aber wirklich genug vom Rumgammeln. Leider kündigten sich ein paar Tage Dauerregen an, also schnell raus aus der Stadt (Sofia, wir kommen wieder!) und rein in die herbstliche Regenfahrt. 

Auch wenn wir nicht genug Zeit für das komplette Land hatten (es war inzwischen bereits Oktober und das Wetter zog uns immer deutlicher Richtung Süden), so wollten wir zumindest eine kleine Runde durch Bulgarien drehen. Wir hätten jedoch niemals gedacht, in den folgenden Tagen auf so viele Highlights zu treffen. Da war zum Beispiel die Überraschungsfahrt zu einem UFO-ähnlichen Monument, das eigentlich ein kommunistisches Denkmal darstellt und auf einer Bergspitze steht. Überraschungsfahrt deshalb, weil Marco gar nicht wusste, was ihn erwartet (ich hatte dieses Ziel ausgesucht) und weil Regen und Nebel immer dichter wurden, je höher wir den Berg hinauf fuhren. Der Ausflug war geheimnisvoll und gruselig zugleich. Die Nacht dort oben haben wir bei Außentemperaturen von 4 Grad dank Heizung gut überstanden, auch wenn der Wind extrem laut war und Waldrian davon ordentlich durchgeschüttelt wurde.

Unten im Tal wurde das Wetter besser und 150 Kilometer später fanden wir uns in einer Traumlandschaft wieder. Diesmal hatte Marco mich mit dem Ausflugsziel überrascht: Die Felsenstadt Perperikon. Einfach unbeschreiblich. Wir sind stundenlang durch die Ruinenstadt gelaufen, haben so viel entdeckt und die besondere Stimmung auf uns wirken lassen. Abends auf dem Parkplatz habe ich mich über einen Schnupie gefreut, der die Nacht zusammengerollt vor unserem Bus geschlafen hat.

Wow, das waren jetzt erst zwei von den angekündigten Highlights (die nächsten folgenden bald). Bulgarien, du ruppig schönes Land. Du zeigst uns, wie vielseitig unsere Reise sein kann. Mal Sonne, mal Wolken. Mal Regen, Wind und Nebel. Ausruhen, aufstehen, loslaufen. Egal, ob im T-Shirt oder mit Regenmantel. Auf Ruhe folgt Sturm – und unsere Reise lebt von genau diesen Gegensätzen.

Hey, kiffen?

Es ist geschafft, wir sind in Bulgarien. Aber bis es soweit gekommen ist, haben wir echt was erlebt, daher wird das jetzt etwas ausführlicher.

Prolog

Fangen wir mal an, etwa vor 3 Tagen wurde uns klar, dass wir uns langsam mal mit dem Covid-19 PCR Test auseinandersetzen sollten, welchen wir zur Einreise in Bulgarien benötigen, um nicht für 14 Tage in Quarantäne ausharren zu müssen. Wir haben uns also die nächstgrössere Stadt – Leskovac – in Grenznähe ausgesucht und haben da erstmal Apotheken abgeklappert, um zu erfragen, wo man hier denn einen „Corona Test“ machen lassen kann. Die zweite Apotheke wusste auch bereits Bescheid und verwies uns an eine Adresse, wo wir dann hingelaufen sind. An der Adresse angekommen fanden wir ein kleines Krankenhaus vor, nach dem Betreten hatten wir auch das erste Mal auf unserer Reise ernsthafte Sorgen, dass wir uns mit Covid-19 anstecken könnten, aber erstmal der Reihe nach.
Am Empfang verwies man uns erstmal an eine andere Abteilung, wir liefen also um das Haus herum, um da in der Notaufnahme noch einmal zu fragen. Die freundliche Frau dort sprach Englisch und zeigte uns dann auch wo die „Teststation“ zu finden ist – einmal über die Strasse.
Da angekommen wurde uns klar, dass es sich dabei um ein eigens eingerichtetes Corona Sonderkrankenhaus handelt – au Backe, wenn wir da mal wieder gesund rauskommen…
Der Wartebereich war menschenleer, offenbar ist Serbien wirklich kaum betroffen. Dennoch waren Türen mit Folie abgeklebt, und es gab eine Art Schleuse. Nach einiger Wartezeit fiel uns ein Knopf auf, der Kyrillisch beschriftet war. Ist das eine Klingel? Ich drücke mal.
Prompt öffnet sich eine Türe und zwei Männer stehen vor uns. Ein Krankenhelfer mit Maske und Haube und Schutzkittel und ein Arzt, der pflegte aber keine Maske zu tragen…
Wir machen hier keinen PCR Test, für PCR müssen Sie hier die Strasse runterlaufen… wissen Sie wo die Post ist? Vor der Post links, etwa 200 Meter vorher rein. Corona Test Center 3! – ööööh… Ookay. Die haben sich offenbar auch auf was Grösseres vorbereitet. Gut wir laufen also zum Corona Testcenter 3 und stehen dann vor einem Gebäude mit Krankenwagen viel kyrillischer Schrift und einer 3 daneben – hier muss es sein! Wieder kein Schwein da. Rechts eine Türe mit grossem „Biohazzard“ Zeichen, rechts die Tür ist mit einer Plombe versiegelt. Wir laufen weiter rein und sehen einen Soldaten. Ähm, Coronatest?
Wir wurden darüber in Kenntnis gesetzt, dass das Testcenter nebenan ist, offenbar sind wir in Militärisches Sperrgebiet eingedrungen.
Im Testcenter 3 angekommen war auch mehr los. Eine Krankenschwester mit Schutzbekleidung und Schutzbrille lief vorbei, die Empfangsdame aber hatte keine Lust auf Mundschutz. PCR Test? Do you have symptoms? No? Then you have to go to this address: …
Wir mussten also schon wieder in ein anderes Testcenter. Wir sind dann am Ende in einer Privatklinik mit Ledersesseln vom Typ „Shisha Bar“ angekommen, wo man uns freundlich empfangen hat – PCR Test, Yes we do that! 120 Euro per person! What? Aber da steht doch 6000 Dinar – Yes for foreigners its 120 euros.
Da hatten wir dann keinen Bock drauf.

Die Optionen

Wir sollten uns jetzt also überlegen wie wir nach Bulgarien einreisen ohne einen PCR Test vorweisen zu müssen.
Option A: Transit nach Griechenland
Option B: 14 Tage Quarantäne.
Da wir mit unserer Karre kaum in der kurzen Transitzeit das Land durchfahren können, haben wir uns ziemlich schnell mit der Quarantäne angefreundet. Der Plan war dann am Ende, die Adresse eines Campingplatzes an der Grenze zu Griechenland zu verwenden, da würden wir „ausharren“ oder aber das Land einfach verlassen, wenn wir keinen Bock mehr haben. Wie lange wir brauchen bis wir unsere häusliche Quarantäne erreichen, kann man uns ja nur schwer vorschreiben, solange wir auf mehr oder weniger direktem Weg hinfahren. Wir müssen ja auch Fahrpausen einlegen und uns kann kaum wer vorschreiben, dass wir schneller fahren müssen als es die Situation zulässt. Nachdem wir dann noch vergeblich versuchten die exakte Verordnung im Internet zu besorgen haben wir uns dann entschlossen einfach zur Grenze zu fahren und mal zu schauen was da genau los ist.

Psst, Express Check?

Wir fahren auf direktem Weg zum Grenzübergang in den Bergen. Ein ganz kleiner, mal schauen.
In der ersten Kurve schneidet uns ein entgegenkommendes Auto in der Kurve und macht auch keinen Anstand auf seine Spur zurückzukehren. Ich mache eine Vollbremsung – die armen Reifen… In der zweiten Kurve noch einer, fährt einfach auf unserer Spur direkt auf uns zu. Wir fahren jetzt nur noch 20 km/h bis zur Grenze.
Da angekommen steht schon ein LKW vor uns. Wir warten am Stopschild. Runa liest bei Google die Bewertungen für den Grenzübergang.

„Sehr korrupte Beamte, sowohl auf Bulgarischer als auch auf Serbischer Seite […] drängen einen auf Geld zu Geld zu geben […] bitte meidet diesen Grenzübergang. Hier könnte man auch glatt einen Horrorfilm drehen!“

„Nach zwei Stunden Fahrt kommt man prompt an die Grenze, einzelne kleine Schlaglöcher, aber man kann bis 100 km/h fahren. Wenn Sie keine Eile haben, gute Landschaft geniessen. Stellenweise sehr kurvig, unbedingt am Tag fahren. Gegenverkehr kann eigene Spur schneiden. Gute Alternative wenn man nicht 3…h warten will. Kontrolle normal, leider wollte der bulgarische Beamte nicht korrekt gewesen musste von meine Geschenke abgeben. Serbische Seite war gut nett geplaudert. Trotz allem gute Alternative“

„Die serbische Polizei wollte Geld haben von mir und haben mich bedroht das sie sonst mein Kofferraum leeren und ich musste das Geld zahlen weil ich sehr viel Gepäck bei mir hatte und keine Lust hatte da stundenlang zu warten deswegen werden ich diesen Grenze nicht mehr überfahren und werde wie immer die normale Rute nach Türkei fahren“

Google Maps

Phu Okay, das kann jetzt gut oder schlecht sein in unserer Situation ohne Corona-Test…

Wir sind dran! Bitte vorfahren!
Und Schwupps wird unsere Karre auch schon durchsucht. Die eine Beamtin war dabei doch sehr gründlich „Marihuana?“ „How much money do you have?“ 20 Euro und 1000 Dinar. „… keine Antwort …“ sucht weiter.
In der Zwischenzeit steht plötzlich ein Typ neben mir, ich glaube der Polizist. „psst, want express check?“ „give me money, i give you express check!“
Och ne, wir haben Zeit, „No Expresscheck, No Problemo!“
Dann kommt die Beamtin wieder „Hey, Marihuana??? How much money do you have?“ „20 euro, 1000 Dinar“ „…keine Reaktion, sie quatscht bereits mit nem Kollegen“.
„Hey, psst, express check? you can go with no check, we don’t check you, just give me money!“
„No we don’t“
„hey Psst, Kiffen? Will Kiffen?“
„Kaffe? Do you want a Coffee?“ frage ich ihn.
Wir lassen die Truppe also ihr Ding machen und setzen uns auf die Bank neben dem Bus. Da kommt direkt der Polizist „Hey, no! don’t sit here, you can’t sit here, because here is no good“ – Oookay alles klar, stehen wir halt.

Nach ner halben Stunde hatten die dann auch keinen Bock mehr auf uns und haben uns ausreisen lassen. Ausreisen genau, das war erst die Ausreise aus Serbien. Die Einreise nach Bulgarien ohne den Corona Test steht uns erst bevor!

Wir fahren vor zum bulgarischen Grenzübergang da kommt schon eine total lieb wirkende Mutti in Uniform und mit Pistole im Holster, die sie mit Sicherheit niemals nutzen würde, aus dem Häuschen heraus.
Stahlend über beide Ohren sieht sie uns an und wir strahlen zurück. Sie nimmt uns die Pässe ab und sagt irgendwas auf Bulgarisch – wir verstehen kein Wort – No Serbski! English or German?
Sie lief dann rüber zu Runa und warf einen Blick in unseren Bus. Dabei warf Sie laut Runa einen verschwörerischen Blick zu ihr schaute in meinen Pass, machte ein Herzchenzeichen mit ihrer Hand und sagte sowas wie „Chocolatte“. Runa interpretierte dies als sowas wie „Guten Fang gemacht“.
Wir bekommen die Pässe zurück und können nach Entrichten unserer Mautgebühr einreisen. Kein Test, kein Formular, keine Quarantäne.

Es ist also alles wie immer und wieder einmal zeigt sich, dass man lieber fährt als zu planen, es kommt eh immer anders als man denkt!