Petar und der Rakija

Ich hatte euch noch mehr bulgarische Highlights versprochen, hier kommen sie. Im Oktober verbrachten wir einige Tage mit Geocaching. Die Caches haben uns wieder einmal an zauberhafte Orte in Bulgarien geführt.

Auf dem Weg zu einer Talsperre kletterten wir über organische Felsformationen und fanden auf einem zerfallenen Schulgelände einen Kuhschädel, der seitdem als Souvenir die Frontseite von Waldrian schmückt. Ein weiterer Cache war neben einem Stoppelfeld in einem Kalksteinfelsen versteckt (der Titel dieses Geocaches hieß „Vulva“, die Fotos verraten euch wieso). Der Rückweg übers Feld wurde uns von einer Schafsherde mit zwei niedlichen Hütehunden versüßt. Ein abendlicher Halt bei den „Stone Mushrooms“ überzeugte uns hingegen nicht wirklich, was an der Lage (direkt neben einer Straße) und an der damit einhergehenden Menschenmenge lag.

Deshalb fuhren wir über Nacht auch lieber ein paar Kilometer weiter zu einem Hügel, auf dem eine kleine Hütte trohnte. Ich konnte Marco davon überzeugen, sich mit mir zusammen frühmorgens den Sonnenaufgang vom Flachdach der Hütte aus reinzuziehen. Er fand die Idee mittelmäßig, machte aber mit. Ich fand diesen Ort so wunderbar, dass ich gleich noch eine Yoga-Session auf dem Hüttendach dranhängte. Gut, dass der Morgen so entspannt anfing, denn es wurde ein ereignisreicher Tag.

Es war einer dieser Tage, an denen wir eigentlich „nur“ einen Geocache suchen wollten. Aber dann verselbstständigte sich alles irgendwie. Das Wetter war grandios und wir fuhren zu einem verlassenen Flugplatz, der von einem Hund und angeblich auch von Kameras überwacht worden ist, was uns jedoch nicht aufhielt mit unseren Rädern über den (bereits zerlöcherten und flach auf dem Boden liegenden) Zaun zu steigen. Das Gelände war so weitläufig, dass es eine gute Idee war, die Fahrräder mitzunehmen (zumal es sich bei dem Geocache um einen Multicache handelte, also um mehrere Geocaches, die thematisch zusammengehörten, jedoch über mehrere Kilometer verteilt lagen). Nachdem wir einige Stunden unbemerkt auf dem Flugplatz verbracht hatten, kamen wir am anderen Ende des Geländes an. Dort trafen wir auf einen Bewohner aus dem Nachbar-Dorf, der seiner Tochter (die glücklicherweise Englisch sprechen konnte) zeigen wollte, wo er früher gearbeitet hatte (er war damals als Flugzeugmechaniker tätig). Leider kam zwei Minuten später ein Security-Fahrzeug um die Ecke gefahren. Wir bekamen keinen Ärger (der Vater sprach ja Bulgarisch und hat das Gespräch mit dem Sicherheitsdienst übernommen), jedoch wurden wir gebeten, das Gelände auf direktem Weg (d.h. durch den hinteren Ausgang) zu verlassen. Unser Bus stand zwar noch am Vordereingang, aber wir hatten unsere Fahrräder dabei, also halb so wild. Schön war, dass wir Vater und Tochter draußen unsere Fotos zeigen konnten, somit haben die beiden zumindest einen digitalen Eindruck davon bekommen, wie das Gelände heute aussieht. Der Vater hat ein paar Geschichten über die Gebäude erzählt und die Tochter hat übersetzt. So konnte jeder etwas beitragen und es wurde zu einer richtig netten Begegnung. 

Tja, nun mussten wir „nur“ noch zu unserem Bus zurückfahren. Problematisch war, dass der ca. 3 Kilometer lange Flugplatz umzäunt war und kein Weg drumherum führte. Der Vater hat uns erklärt, dass wir einen Umweg von 15 Kilometern fahren müssten. Zuerst ins benachbarte Dorf, dann in die nächstgrößere Stadt und dann über die Hauptstraße wieder zum Flugplatz. Auf die Räder, fertig und los. Das erste Drittel bis ins Dorf ging ganz gut, auch wenn die Sonne brannte. Umso erfreulicher, dass der Dorfladen geöffnet hatte und wir eine Pause mit Erfrischungsgetränk einlegen konnten. Am „Stammtisch“ vor dem Geschäft lernten wir Petar kennen, der dort mit einem Bier saß und uns in gebrochenem Deutsch anquatschte. Nach einem längeren Plausch (wir fragten insbesondere nach der typisch bulgarischen Küche) verabredeten wir uns mit ihm für den Abend (wir sagten in zwei bis drei Stunden) zum Essengehen in der Kneipe nebenan. Kein Problem, wir könnten einfach wiederkommen, er würde dann sowieso noch vor dem Dorfladen sitzen. Gesagt, getan. Wir stiegen wieder auf die Räder und fuhren das zweite Drittel in die Stadt, diesmal über eine vielbefahrene Landstraße (natürlich ohne Radweg), was leider nicht mehr so angenehm war. Kurz vor Ortseingang wurde die Straße immer enger und schneller, wir flüchteten auf einen Feldweg, um in die Stadt zu kommen und Geld abzuheben, da wir nichts Bares mehr in den Taschen hatten. Langsam ging die Sonne unter und wir ahnten schon Böses als wir quer durch die Stadt fuhren. Am Ortsausgang war klar, dass wir das letzte Drittel der Strecke nicht mehr per Fahrrad bestreiten wollen, da wir auf eine zweispurige Schnellstraße mit Leitplanken blickten. Nun hatten wir keine Schlösser dabei (die hätten wir beim Geocachen schließlich nicht gebraucht), also wartete ich mit den Rädern an einer Tankstelle während Marco ein Taxi nahm, um unseren Bus zu holen. Mittlerweile war es stockdunkel, was für eine Odyssee. Witzigerweise saß Petar wirklich noch mit seinem Bier (das wievielte es wohl gewesen ist) am Stammtisch als wir ins Dorf zurückkamen (übrigens genau drei Stunden später, d.h. wie verabredet). Es folgte ein feucht-fröhlicher Abend, der hart eskalierte (zu viel Rakija) und uns (trotzdem) in guter Erinnerung bleibt. „Viel Spaß mit der bulgarischen Gastfreundlichkeit!“, wünschte uns unsere ehemalige (aus Bulgarien stammende) Mitbewohnerin aus Berlin. „Lernt NEIN zu sagen!“, hat sie uns geraten. Jetzt wissen wir warum. 

Den Kater am nächsten Morgen konnten wir erfolgreich mit Baniza (sehr lecker) und Boza (sehr speziell) bekämpfen. Weiter ging es nach Plovdiv, der Heimatstadt unserer besagten Mitbewohnerin und Freundin, die uns ganz viele tolle Tipps für die Stadtbesichtigung geschickt hat. Wir haben es geliebt im Künstlerviertel Kapana Essen zu gehen und können sowohl das Pavaj als auch das Aylyakria wärmstens weiterempfehlen. Von A wie Altstadt und Antikes Theater bis C wie Craftbiertrinken – wir haben die Zeit in Plovdiv sehr genossen uns standen drei Nächte lang stadtnah und trotzdem von der Natur umgeben auf einer Wiese am Wasser. Am zweiten Abend haben wir Jürgen kennengelernt (unsere erste deutsche Bekanntschaft in Bulgarien). Wir fanden Jürgen auf Anhieb sympathisch und haben uns riesig gefreut, als er uns abends zu sich ins Wohnmobil auf einen „Basalt-Schnaps“ eingeladen und uns viele gute Reisemöglichkeiten für Griechenland gezeigt hat.

3 Gedanken zu „Petar und der Rakija“

  1. Eer Flugplatzerlebnis war schon auch speziell. Betreffend Geocaching, läuft gut bei euch. Habt ihr den Tausender schon geknackt? Ja die Bulgaren sind ein sehr gastfreundliches Volk. Freut mich das ihr das kennen lernen durftet. Das hattet ihr eigentlich schon auf der ganzen Reise und kennt ihr auch aus Berlin. Es beruhigt mich zu sehen das Euch an nichts fehlt. Reist weiter und geniesst…

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