Leonidio Climbing Crew

Ein Virus hat zugeschlagen. Das Klettervirus. Es hat uns Ende Februar 2021 eiskalt erwischt als wir nichtsahnend nach Leonidio fuhren, um eigentlich nur ein paar Tage lang unsere Berliner Freunde zu besuchen. Hätten wir geahnt, dass uns dort eine selbstgewählte Kletterquarantäne erwarten würde… okay, wir wären trotzdem hingefahren! Zweieinhalb Monate am Stück wurde Leonidio unser Wahl-Zuhause voller intensiver Erfahrungen. Zu Beginn nahmen Rosi und Fritz (die schon oft in Leonidio waren) uns sozusagen an die Hand. Nach ein paar entspannten Outdoor-Treffen an Stränden und auf diversen Dachterrassen wollten wir den beiden mal beim Klettern zuschauen – und fanden uns plötzlich im Klettersektor „La Maison de Chevre“ am Seil hängend (in „Toprope“) an der Wand wieder. Ich glaube, wir haben es bei unseren ersten Kletterversuchen nicht mehr als zwei Meter den Fels hoch geschafft. Aber es fühlte sich gut und irgendwie aufregend an. Schon waren wir angefixt und entschieden uns wenige Tage später dazu, einen Kletterkurs zu machen. Beim wärmstens empfohlenen weltreisebesten Klettertrainer, der ein Jahr zuvor quasi extra für uns aus Spanien nach Griechenland eingereist ist. Sergi, unser Coach!

Mitte März war es dann soweit und wir starteten unseren 4-tägigen Intensivkurs mit Sergi. Am ersten Tag lernten wir am „Cave of Panagia“ in Toprope das Sichern, Einklippen und den Achterknoten. Danach brauchten wir erstmal einen Tag Pause! Am zweiten Kurstag kletterten wir bei den „Twin Caves“ bereits im Vorstieg, jedoch noch doppelt abgesichert (d.h. mit einem zweiten Seil in Toprope). Am dritten Tag lernten wir im Sektor „Aresos“ das Umbauen und am vierten Tag machten wir in „Kokkinovrachos Main“ unser Kletterdiplom. Miger and Rocky were born! Wir waren super motiviert, deshalb kauften wir uns gleich am nächsten Tag nach dem Intensivkurs (Sergi verabschiedete sich mal eben schnell nach Bosnien zum Bolten) im Panjika Shop eine komplette Kletterausrüstung. Dann waren wir auf uns allein gestellt, zogen los und machten uns mit unserem neuen Equipment vertraut. Ein paar Ziegen leisteten uns Gesellschaft. Die folgenden Tage und Wochen waren wir mit unserem neuen Kletterhobby gut beschäftigt. An den Abenden trafen wir gerne unsere Freunde, grillten zusammen Fisch und schmarotzten hin und wieder eine warme Dusche.

Wir führten die ersten „Office Tage“ ein, um einerseits wieder etwas mehr Struktur in unser Reiseleben zu bekommen und um andererseits auszuprobieren, ob es für uns grundsätzlich möglich (und erwünscht) wäre von unterwegs aus zu arbeiten. Ein „Office Tag“ bedeutete acht Stunden konzentriertes Arbeiten im Bus am Laptop. Pro Woche haben wir zwei solcher Tage durchgezogen. Gegen Monatsende wurde es nochmal richtig kalt und da fiel es nicht schwer, tagsüber bei Schneeregen im geheizten Bus am Laptop zu sitzen. Ob das an schönen Sommertagen auch klappen würde? Einen Tag später strahlte an meinem Geburtstag zum Glück wieder die Sonne und wir konnten sogar in T-Shirts klettern gehen. Abends stießen wir bei Fritz und Rosi auf meinen Geburstag an, Marco bekochte uns. Ich war ganz gerührt von so vielen lieben Glückwünschen und durfte sogar ein Geschenk von unserem gemeinsamen Freundeskreis öffnen. Das war so eine gelungene Überraschung! Dann hieß es langsam Abschied nehmen, denn Rosi und Fritz mussten Anfang April nach Berlin zurück. Wir hatten noch einen richtig lustigen Grillabend am Fokiano Beach und denken gern an die gemeinsame Zeit in Leonidio zurück. Lang blieben wir jedoch nicht allein, denn Jakob kündigte sich an und brachte mit Lara eine neue (und uns auf Anhieb sympathische) Bekanntschaft mit. Die beiden hatten Kletterschuhe dabei. Perfekt, von da an waren wir ein spitzenmäßiges Anfängerteam. 

Nach anfänglichem Aprilwetter mit Regen und Nebel wurde der Monat doch überwiegend sonnig. Im trockenen Flussbett am Meer gründeten wir mit Jakob und Lara eine Outdoor-WG. Gemeinsame Office Tage, Spaziergänge, Lagerfeuer, Stadtbesuche und natürlich jede Menge Kletterausflüge gehörten zum WG-Leben dazu. Vangelis („Tomorrow climbing? After after?“) brachte uns gelegentlich Obst und Gemüse. 

Unser Kletterequipment teilten wir erstmal zu viert bis sich Jakob und Lara nach und nach eigene Ausrüstung besorgten. Lara brachten wir das Sichern bei (und Jakob ihr später auch das Vorstiegsklettern). Marco bekam einen Kletterburnout (oh ja, das Hamsterrad schlägt auch auf Reisen zu), deshalb fingen wir an, uns wieder vermehrt um andere Sachen zu kümmern, bestellten Holz zum Möbelbau und frischten im Krankenhaus Standard-Reiseimpfungen auf.

Irgendwann gegen Ende April verbannte uns die Polizei ganz freundlich aus dem Flussbett („Only parking for 24 hours“ – glücklicherweise hatte sich drei Wochen lang niemand bei uns beschwert). Natürlich folgten wir dieser Aufforderung sofort. In den Klettergebieten war wenig los, so konnten wir sogar ein paar Nächte bei den „Twin Caves“ stehen. Marco und ich holten zum vereinbarten Termin bei der Werkstatt die Holzboxen ab, die unsere neuen Sitzmöbel werden sollten. Es war niemand da (nur der schmusige Wachhund), also riefen wir die angeschriebene Telefonnummer an. Der Tischler erklärte uns, dass die Boxen vor der Tür stehen und wir sie einfach mitnehmen können. Bezahlen sollen wir dann an einem anderen Tag. Cooler Typ. Leider war er bis zum griechischen Osterfest komplett ausgebucht, sonst hätten wir noch mehr bei ihm in Auftrag gegeben. So wechselten wir zur anderen Tischlerei im Ort und ließen uns dort noch eine Schublade anfertigen. Diesmal gerieten wir an einen temperamentvollen Geschäftsmann. Der Holzbau war fertig, die Bretter wollten aber noch lackiert werden. Wir ließen uns von unserer Klettercrew mitreißen und fuhren nach Kyparissi, merkten aber schnell, dass Lackieren auf acht Quadratmetern und gleichzeitige Kletterausflüge nicht funktionierten. Also ging es für die Schleif- und Lackierarbeiten zurück nach Leonidio. Während Marco seine ersten Bewerbungsgespräche per Videocall hatte, freute ich mich über kletterspezifische Yoga-Sessions mit zwei erfahrenen Yoga-Lehrerinnen auf der Dachterrasse nebenan.

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