Ghost Town Venice

Heute schreibe ich wieder den Blog Eintrag, da Runa gerade mit Schwitzen beschäftigt ist.

Es ist soweit, unsere erste grosse Touristenattraktion steht vor der Tür, bzw. eigentlich haben wir sie schon hinter uns, aber wir wollen für euch mal den Anschein beibehalten, das wir noch nicht wissen was gleich passieren wird.

Die historische Altstadt von Venedig in der Lagune von Venetien empfängt täglich nahezu 90’000 Touristen. Bei rund 50’000 Einwohnern ist das ganz schön krass. Venedig ist sicherlich eine der Städte auf der Welt, die durch den Tourismus am meisten leiden – und profitieren.
Ohne den Einbruch im Tourismus durch COVID-19 hätten wir uns das sicher nicht angetan.

Angefangen hat unsere Reise auf einem Parkplatz 5 km von Venedig entfernt, wo wir grade dabei waren den Waldrian mit einer Abdeckplane zu bespannen damit wir im Inneren etwas schonender gegart würden.
Auf einmal hält ein Auto an und ein Mann vom Typ Mafiosi mit halb offenem Hemd und Knarre steigt aus (der hatte so eine Halskette mit einem Anhänger in Form einer Pistole).

„Wooow, … blablabla (irgendwas auf Italienisch)“
„Non parlo Italiano!“
„Ah ok, you have a nice car, wow, is it military car?“
„… random text …“

Jedenfalls findet er unsere Karre voll geil, sagt uns dann aber, dass wir da nicht schlafen können, weil das ist verboten und die Polizei kommt regelmässig und kontrolliert, das kostet dann (er schreibt die Zahl auf einen Zettel, da er sie in Englisch nicht aussprechen kann) … 1280 Euro.
Krass, dachte ich mir – deckt sich aber nicht mit den Informationen, die ich habe, aber egal. Er redet weiter, ich rede auch weiter, wir verstehen uns zu 90% nicht. Irgendwann fragt er, ob ich ein Bier will, ich sage ja wir laufen zu seinem Auto wo auch schon ein warmes Dosenbier auf mich wartet. Geil!
Wir trinken also beide ein Bier, Runa verbleibt im Bus macht sich aber komischerweise kein kaltes Bier aus dem Kühlschrank auf – selber schuld!
Während wir also weiterhin versuchen miteinander zu kommunizieren fällt mir auf seiner Frontscheibe ein grosser Aufkleber auf wo steht: „POLIZIA“.
Ah, oh. „You are from the police?“
Jedenfalls sollen wir uns keine Sorgen machen, er gibt seinen Kollegen Bescheid, dass sie heute mal nicht vorbeifahren sollen.

Dann trinkt er sein Bier aus und fährt davon – weird.

Runa meint noch er hat wohl gesagt, dass er nicht mehr im Dienst sei, wir waren uns aber nicht sicher ob er „nicht im Dienst ist“ oder ob er suspendiert wurde. Jedenfalls war uns das nicht so ganz geheuer und wir entschieden uns dann doch auf einen Campingplatz zu fahren (das erste Mal!).

Venedig für unter 60 Euro pro Person!

Campingplätze um Venedig kosten alle so ab 40 Euro pro Nacht, schnell aber auch mehr. Das war uns natürlich viel zu teuer und glücklicherweise haben wir einen sehr einfachen Campingplatz für 15 Euro die Nacht – an einer Strasse wo ich mein Auto nicht parken würde – gefunden. Die Strasse ist eigentlich ganz cool, sie liegt an einem Kanal am Festland wo die ganze Länge runter Leute an schrottigen Booten schrauben. Ich glaube hier sind Boote das was in Berlin alte Busse sind.
Der Campingplatz ist sehr einfach gestaltet, aber besser als jeder Parkplatz – und Parkplätze in der unmittelbaren Umgebung sind teurer!

Wir zahlen also für zwei Übernachtungen 30 euro + 6 Euro für ein echtes Klo mit Dusche!

Am nächsten Tag packen wir unseren Rucksack mit Wasser und Wein (für abends) und fahren nach Venedig rein, wir nehmen dazu die Strassenbahn, also eigentlich ist es eine Mischung zwischen Strassenbahn und Bus. Sie fährt auf Rädern und hat in der Mitte eine einzelne Schiene, aussehen tut sie wie eine Tram und so heisst sie auch.
Wir lösen zwei Tageskarten, womit wir sämtliche öffentlichen Verkehrsmittel, auch die Vaporettos (das sind die Wasserbusse, also Schiffe) in Venedig fahren dürfen. Kostenpunkt: 2x 20 Euro.

Es ist dermassen heiss, dass wir bereits bei der Ankunft in Venedig nach 20 Minuten unsere sämtlichen Wasserreserven aufgebraucht haben, so haben wir nach kurzer Überlegung entschieden, dass wir den noch nahezu kühlschrankkalten Wein am erstbesten Kanal aufmachen werden.
Lange liess der Kanal auch nicht auf sich warten, ein herrlicher Genuss dieser Chianti. Es fällt auf jeden Fall auf, dass die Stadt sehr leer ist. Einige Geschäfte sind zu, die offenen sind nahezu leer. Wir können uns ohne Probleme an einem Kanal ans Wasser setzen, ein Glas Wein trinken und Fische beobachten. Die Stimmung ist sehr ruhig. An einem Balkon weht eine Flagge gegen Kreuzfahrtschiffe in der Stadt. Venedig ist zur Zeit echt ein sehr entspannter und ruhiger Ort!
Wein vom Supermarkt: 5 Euro

Was auffällt ist, dass in Venedig echt alles auf dem Wasserweg passiert. Sogar ein DHL Boot haben wir gesehen.
Auch kulinarisch hat die Stadt einiges zu bieten, wir konnten es nach dem ersten Wein nicht lassen einen venezianischen Döner zu essen. Der Döneriolo hat das Fladenbrot selbst gebacken! Ich würde sagen das war ein Pizzateig, aber halt so köftebrotmässig als Fladen und wurde dann aufgeschnitten. Das war mit Abstand einer der geilsten Döner überhaupt!
2x Döner: 10 Eur0

Der Weg führt über viele Brücken und man verläuft sich schnell. Hier und Da findet sich sogar Streetart. Eines z.B. ein Stencil gegen Kreuzfahrtschiffe.

Wir waren von der Stadt so geflasht, dass wir die typischen Brennpunkte des Tourismus gar nicht mehr unbedingt aufsuchen wollten und doch standen wir dann auf einmal auf einem leeren Markusplatz wo Schilder von einer sonst ganz anderen Dimension des Andrangs zeugen.
So darf man sich z.B. nur auf dafür vorgesehene Stellen setzen und das Essen und Trinken auf dem Platz ist offenbar nur in Restaurants erlaubt.

Nach einigen weiteren „Weinpausen“ fahren wir dann mit dem Wasserbus nach Lido. Also eigentlich fahren wir erst 3 mal falsch, aber danach fuhren wir dahin.
Am Strand in Lido angekommen trinken wir das letzte Glas unseres mittlerweile auf Körpertemperatur angekommenen Rotweins und kühlen uns in Unterhosen im genauso warmen Mittelmeer ab.
Den Abschluss macht ein Abendessen auf Lido mit Bierpreisen gesalzener als unsere nassen Schlübber.
2x Bier 14 Euro
2x Pizza 15 Euro

Danach geht es mit dem Vaporetti zurück zur Tramstation. Die Fahrt im Dunkeln führt durch eine Geisterstadt. In kaum einem Gebäude brennt Licht und wenn dann nur vereinzelt. Genauso verschlafen und unschuldig habe ich mir Venedig vorgestellt.

Wir waren also in Venedig inkl. 2 mal Übernachten und haben dafür schlappe 60 Euro pro Person hingeblättert!

5 Gedanken zu „Ghost Town Venice“

  1. Venedig ist rim Muss anzuschauen, egal zu welchem Preis. Was auch noch spannend gewesen wäre, wäre Murano die kleine Insel vis a vis. Da wird das schönste Glas hergestellt, aber sauteuer. Dafür wart ihr ja auf dem Lido di Jesolo. Das ist ja auch sehr schön.Wünsche Euch eine schöne Weiterreise…

    1. Wir mussten eure Berichte nochmals lesen, ist so interessant. Wir freuen uns, dass wir auf diese Weise an Euer Reise teilnehmen dürfen.
      Seid herzlich gegrüsst
      Maja und Remo

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