Hormuz und King of Border

Der letzte Blog-Beitrag über den Iran startet mit den wunderschönen Pärchenfotos (oder besser gesagt Familienfotos, weil Struppi beim Shooting natürlich auch mit dabei war), die Sebastian auf Qeshm Island von uns geschossen hat. Es war eine total lustige Aktion und vor guten Freunden steht man doch gern im Blitzlichtgewitter. Abends revanchierten wir uns mit einem leckeren Linsen Dal in Kombi mit Marcos legendärem Krustenreis. Ich glaube zu dieser Zeit haben wir auch beschlossen, dass wir gleichzeitig unser Pakistan-Visum beantragen wollen, damit wir die bevorstehenden Polizei-Eskorte in Balochistan zusammen im Konvoi machen können. Dieser Reiseabschnitt soll laut Erfahrungsberichten besonders anstrengend werden. Umso besser, wenn man dabei in guter Gesellschaft ist. Tausend Dank für die tollen Fotos, lieber Sebastian!

Dann hieß es Abschied nehmen (auch wenn der Abschied nicht von langer Dauer war), denn Marco und ich wollten uns unbedingt noch die Insel Hormuz anschauen, auf der Frieda und Sebastian schon gewesen sind. Vom Hafen in Qeshm City aus ging es mit dem Speedboot rüber nach Hormuz. Das war nicht nur für Struppi eine wilde Fahrt. Nach einem kleinen Frühstück an der Küste amüsierten wir uns bei einer dreistündigen Tuk Tuk Tour – einmal rund um die Insel herum. Wieder am Ausgangspunkt angekommen bekamen wir von einem Tuk Tuk Fahrer den „Geheimtipp“ für ein gutes Essen. Er fuhr uns netterweise umsonst dorthin (was auch immer er für einen Deal mit dem Restaurant hatte) und die Shrimps schmeckten tatsächlich sehr lecker. Die Rückfahrt nach Qeshm war noch wilder als die Hinfahrt, denn es herrschte starker Wellengang. Witzig war es trotzdem, weil wir uns die Plätze auf dem Schnellboot mit einer sympathischen Frauengruppe geteilt haben. Und dann war unser Insel-Leben auch schon wieder vorbei. Wir nahmen noch am selben Abend die Fähre von Qeshm Island rüber auf’s Festland.

Manchmal kann man der iranischen Hilfsbereitschaft nicht entfliehen. So kam es, dass unser Bekannter in Bandar Abbas uns unbedingt bei einigen Erledigungen helfen wollte. Am Ende dauerte es wahrscheinlich länger als wenn wir alleine losgezogen wären. Aber der Wille zählt und wir wissen, dass es gut gemeint war. Somit nahmen wir die Hilfe dankend an. Es folgte ein doofer Tag, weil wir an mehreren Tankstellen nicht tanken konnten (entweder waren sie gar nicht erst in Betrieb oder es stand bereits eine extrem lange Fahrzeug-Schlange an) und weil unser Stellplatz es nicht zuließ, dass ich draußen neben unserem Bus eine Dusche nahm (die ich bitternötig hatte). Zwei Erkenntnisse nehme ich aus diesen Tagen dennoch für mich mit: 1) Unterdrückung findet (nur) im Kopf statt. 2) Auf einen schlechten Tag folgt zumeist ein guter Tag. Die erste Erkenntnis beinhaltet für mich so viel Gesprochenes, Gedachtes und Gefühltes, dass es den Rahmen hier sprengen würde. Die zweite Erkenntnis bestätigte sich am Folgetag: An einer Tankstelle ließen uns die netten iranischen LKW Fahrer an der langen Schlange vorbei direkt bis zu den Zapfsäulen vorfahren. Mit einem Mercedes-Fahrer tauschten wir beim gegenseitigen Überholen liebgemeinte Huplaute und Gesten aus. Schließlich trafen wir uns auf einem Rastplatz und tranken gemeinsam Kaffee. Bei einem erneuten Tankstop (es lagen in diesen Tagen einige hundert Kilometer vor uns) fanden wir zuerst niemanden, der uns seine Tankkarte für den Prozess ausleihen wollte (über eine eigene Tankkarte verfügten wir als Touristen im Iran nicht), doch plötzlich winkten uns gleich drei LKW Fahrer zu sich, saugten Diesel aus ihrem Tank ab und füllten so viel bei uns ein bis wir komplett voll waren. Und das alles mit Freude und Begeisterung, wir konnten es kaum glauben. So viele herzliche Begegnungen an einem Tag! Ach ja, abends standen wir außerdem so abgelegen, dass ich aus unserem Busfenster heraus duschen konnte. Und zu späterer Stunde kamen zwei lustige Jäger vorbei, die Marco in Taroof-Manier ihr Gewehr anboten („You can keep it!“) – was er natürlich Taroof-gemäß ablehnte. Sehr humorvoll, die Iraner!

In Sirjan suchten wir in einem Werkstatt-Viertel nach Klebefolie. Wir wollten unser Auto für die Fahrt durch Pakistan entmilitarisieren. Die olivgrüne Farbe sieht ja doch sehr militärisch aus (was im schlimmsten Fall gefährlich für uns werden könnte) und wir erhofften uns durch die Anbringung von freundlichen Farbakzenten, dass wir auf den ersten Blick als Touristen erkannt werden. Während einer Pause nach erfolgloser Suche klopfte ein interessierter Iraner an unseren Bus. Aufgrund der Sprachbarriere konnten wir uns nicht verständigen. Zehn Minuten später kam er mit Suppe und Brot vorbei. Wie nett von ihm, wir ließen es uns schmecken! Mithilfe einer Übersetzungsapp kamen wir ins „Gespräch“ und ***Jinglemusik*** da war sie wieder: Die iranische Hilfsbereitschaft. Bevor wir es richtig begreifen konnten, saßen wir auch schon am Steuer und folgten dem windschnittigen Auto des Iraners durch die belebten Straßen von Sirjan. Mit seiner Hilfe fanden wir nach dem Abklappern mehrerer Läden tatsächlich einen Laden, der uns am nächsten Tag einen anderen Laden zeigen konnte, bei dem wir schließlich die gewünschte Klebefolie kaufen konnten. Eine wirkliche Farbauswahl gab es zwar nicht, aber wir werden uns an den Orange-Ton schon gewöhnen. Kleine Side-Story: Beim Ausparken bin ich rückwärts versehentlich einem Auto reingefahren. Wir bestanden darauf, auf die Polizei zu warten, schließlich hatten wir eine Versicherung, die noch genau einen Tag gültig war. Beim Anblick des Schadens (eine kleine Beule, die neben den älteren Verbeulungen kaum auszumachen war) lachten die Beamten den Besitzer aus (nach dem Motto: „Wegen dieser lächerlichen Sache rufst du die Polizei?“). Das tat mir wiederum leid. Ich hoffe, dass die Versicherung zumindest einen kleinen Schadenersatz hat springen lassen. Ach ja, am Ende haben die gutgelaunten Polizisten noch Fotos mit Struppi gemacht. Dann ging es weiter bis nach Kerman. Eine ganze Woche lang haben wir uns auf dem Hinterhof eines Hotels häuslich niedergelassen, um endlich mal einige Innenarbeiten im Bus zu verrichten, die sich aufgestaut hatten. Wir haben den Fußboden abgeschliffen und nachgeölt, einen Teil der Möbel neu gestrichen und die Wandverkleidung passend zugeschnitten, damit auch irgendwann mal das Projekt „Deckenverkleidung“ starten kann (naja … wer weiß, ob das auf dieser Reise noch was wird). Außerdem haben wir uns zwei Tage lang größte Mühe gegeben, die orangefarbene Klebefolie auf der Karosserie anzubringen. Ich finde, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Am Ende der Woche sind Frieda und Sebastian dazugestoßen, wir sind zusammen über den Bazaar in Kerman gebummelt und haben abends vergeblich nach einer Neujahrsparty gesucht (im Iran tickt der Kalender ja anders). 

Es folgten zwei lange Fahrtage, die uns zunächst bis Bam und schließlich durch einen Wüstenabschnitt mit Sandböen und eine Felsenlandschaft bis Zahedan führten. Ich wartete zu dem Zeitpunkt immer noch auf mein Pakistan-Visum. Marco hatte sein Online-Visum bereits drei Stunden nach Antragsversendung im Posteingang gehabt. Bei mir gab es nach zwei oder drei Wochen immer noch kein Update und wir erreichten weder telefonisch noch per Email die zuständige Behörde. Da jedoch die Iran-Visa von Frieda und Sebastian abliefen, fuhren die beiden schon mal zur Grenze vor und wollten dann auf pakistanischer Seite auf uns warten. Einen gemeinsamen Abend bei Hamid (aka „King of Border“) in einem wunderschönen Zelt mit Feuerstelle hatten wir noch. Dann hieß es wieder mal Abschied nehmen und hoffen, dass wir uns zeitnah in Pakistan wiedersehen. Wir versuchten am nächsten Tag unser Glück bei der pakistanischen Botschaft in Zahedan, jedoch verwies man uns dort auf die Botschaft in Berlin – nachdem wir uns ungefähr eine Stunde lang bei Tee und Keksen mit dem Chef weise Sprüche zugeworfen haben (Spruch des Tages: „Your visa will be granted, it’s just a matter of time.“). Wir hatten schon beinahe aufgegeben, da führte am späten Nachmittag ein weiterer Telefonversuch unsererseits plötzlich zum Erfolg und eine halbe Stunde später hatte ich mein Visum im Sack. Abends ludt uns Hamid freundlicherweise noch zum Essen ein und am Morgen des Folgetages half uns der „King of Border“ an der Grenze bei der scheinbar doch recht komplizierten Ausreise aus dem Iran. Dankeschön, lieber Hamid! 

Qeshm Island

Nach unserer Corona-Auszeit auf Qeshm Island waren wir Ende Februar 2022 endlich fit genug, um die Insel auszuchecken. Im Iran wurde es zunehmend heißer und so war es taktisch ziemlich unklug von uns, das „Stars Valley“ in der Mittagshitze anzuschauen. Der schattenwerfende „Chakooh Canyon“ war da schon etwas kühler. Ich nenne diesen Ort auch gern die Instagram-Schlucht, weil wir am Ende plötzlich inmitten einer durchgestylten, posierenden Selfie-Ansammlung standen. Struppi kam bei der Kamera-Meute gut an – von ihr wurden etliche Fotos gemacht. 

Ein viel ruhigeres und weniger touristisches Highlight auf Qeshm Island ist hingegen das „Statues Valley“ auf der Westinsel gewesen. Eine Staubpiste führte mehrere Kilometer ins Nirgendwo hinein, bis wir in der Dämmerung schließlich einige spektakuläre Felsformationen passierten. Am frühen Morgen ließ ich Struppi frei herumlaufen und machte gerade Kaffee, da hörte ich ein Platsch (oder eher ein Flatsch) und kurz darauf raste ein bis auf den Bauch mit Matsch panierter Hund an unserer Bustür vorbei. Was habe ich gelacht! Struppi ist in die Falle eines trügerischen Schlammlochs getappt, das wohl wie fester Boden für sie ausgesehen haben muss. Zum Glück hatten wir genug Wasser für eine Hund-Mensch-Dusch-Aktion dabei. Der anschließende Spaziergang war richtig schön und wir haben die Besonderheit (und Einsamkeit) des Ortes sehr genossen.

Unser Plan war es, einmal komplett um die Insel herumzufahren. An einigen freilaufenden Kamelherden vorbei, erreichten wir einen hübschen Salzsee und eine Salzhöhle, für die wir uns am Ticketschalter extra Stirnlampen ausgeliehen haben. War sehr witzig, auch wenn unsere Handytaschenlampen eigentlich helleres Licht abgeliefert hätten. Hoch hinaus ging es auf das „Roof of Qeshm“ – eine riesigen Hochebene, die überraschenderweise zum Teil mit Bäumen und einer echten Wiese bewachsen war. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so grünen Rasen zu Gesicht bekommen hatte.

Doch Qeshm Island hatte noch weitere Natur-Ereignisse zu bieten. Wie auf einem anderen Planeten fühlten wir uns im „Shur Valley“, das einer Mondlandschaft glich. Am Ende einer Abzweigung trafen wir auf zwei überdachte Mineral Pools. Ja, zwei separate Becken. Ein Pool für Männer und einer für Frauen. Verbotenerweise tauchten wir zusammen in die beiden Wasserbäder ein und zu unserer Belustigung hatte das Wasser einen so hohen Salzgehalt, dass unsere Körper darin schwebten.

Inzwischen war es Anfang März 2022 und nach Marcos Arbeitstagen, die wir im Hof eines Gasthauses verbrachten (neben einem Palmengarten, der als Foto-Location für Hochzeiten bekannt war) sahen wir unsere Freunde wieder. Zusammen unternahmen wir eine Bootstour auf den Gewässern eines Mangrovenwaldes. Zwischendurch gab es noch einen gemeinsamen Erledigungstag in der Stadt, wo wir zufällig auf einen dritten Reise-Düdo trafen. Ein paar Strandübernachtungen und weitere Arbeitstage später verabredeten wir uns mit Sebastian und Frieda zu einem Foto-Shooting. Sebastian hatte uns damals in Georgien schon gefragt, ob wir für seine Foto-Reihe posieren wollen, bloß hatte es zu der Zeit irgendwie nicht gepasst. Nun standen wir auf einer traumhaften Insel in der perfekten Szenerie und hatten gute Laune. Der Zeitpunkt konnte also nicht besser sein. Die Fotos gibt’s im nächsten Blog-Beitrag zu sehen!

Corona Holidays

In Shiraz quartierten wir uns neben einem Hostel ein, das uns prima verköstigte und außerdem das sonst so nervige Wäschewaschen für uns übernahm. Dort bekamen wir den Tipp, die pinke Moschee in den frühen Morgenstunden zu besichtigen, weil dann das Sonnenlicht am schönsten in den Raum fiel. Was soll ich sagen, eine perfekte Foto-Location erwartete uns hinter den bunten Moschee-Fenstern und um 8 Uhr morgens waren wir fast allein dort. Auf dem Bazaar fanden wir einen Perserteppich mit sympathischen Fehlern, der seitdem unseren Bus noch ein Stückchen heimeliger macht. Ein paar merkwürdige Männer liefen uns in Shiraz über den Weg (der Haartransplantationstyp und ein Kerl mit „small penis“, der mich nach Medikamenten zur Penisvergrößerung fragte). Merkwürdig fand ich außerdem, dass die Iraner*innen zwar tierfreundlich erscheinen, wir in Shiraz jedoch einen Käfigvogel ohne Flügel und einen Schoßhund ohne Zähne kennenlernten. Ach ja, und dann war da noch dieser Clown im Restaurantkeller, bei dem wir uns mutmaßlich mit Corona angesteckt haben. True story?!

Zwei lange Fahrtage ließen uns dem Süden näherkommen. An einem Canyon konnten wir in der Dämmerung Wölfe sichten. Naja, vielleicht war es auch „nur“ ein Rudel Schakale. Trotzdem irgendwie aufregend. Während Marco tagsüber arbeitete, wurde ich bei einem iranischen Ehepaar zum Tee eingeladen. Ein weiterer Arbeitsort in der Nähe einer Orangenplantage bescherte uns mehrere Kilo geschenkte Orangen. Diese wurden wir am nächsten Stellplatz – einer Dattelpalmenoase – bei den netten Anwohnern wieder los. Darunter ein, sagen wir mal Künstler, der auf unserem Notizblock Penisbilder malte. Es schien die Woche der Penistypen zu sein. 

In Bandar Abbas erkundigten wir uns bei Schiffsfirmen nach Möglichkeiten zur Verschiffung nach Dubai oder Indien (wobei diese Pläne von uns nie in die Tat umgesetzt wurden, da wir über den Landweg von Pakistan nach Indien eingereist sind). Dabei lernten wir Mansour kennen, der letzte Mitarbeiter in einem sonst verlassenen und verstaubten MSC Büro. Er war glücklich über unseren Besuch und sehr motiviert dabei, Verschiffungspreise für uns herauszufinden. Dann nahmen wir die Fähre nach Qeshm Island, wo wir unsere Reisefreunde aus Georgien und Armenien wiedertrafen. Eine neue Reisefamilie war in der Runde ebenfalls dabei. Prompt kam Urlaubsstimmung bei uns auf. Wann konnte ich das letzte Mal im Bikini im Meer baden? Es war auf jeden Fall sehr lang her („for women it’s not allowed to swim“ hieß es ja so oft im Iran für mich). Während ich meine neu erworbene Freiheit in allen Zügen genoss, kränkelten Marco und Struppi im Bett herum. Den beiden ging es schon seit einigen Tagen nicht so blendend. Trotzdem verabredeten wir uns abends mit Karina und Frieder auf ein Getränk in unserem Bus. Natürlich mit Vorwarnung, doch die beiden gingen das Risiko einer Ansteckung gern ein. War auch ein toller Abend. Tja, aber am nächsten Morgen wachte Marco mit erhöhter Temperatur auf. Der Selbsttest zeigte zwar ein Negativ-Ergebnis, doch das sollte noch nicht das Ende der Geschichte sein. Nach ein paar Genesungstagen fühlte sich Marco schon ein bisschen besser, da ging es plötzlich bei mir bergab. Gut, dass wir in der Zwischenzeit nach Qeshm City gefahren sind (unterwegs musste Struppi ein Zwangsbad im Meer nehmen, nachdem sie sich zuvor in einem nach Sch*** stinkenden Müllbeutel gewälzt hatte). In der Stadt gab es alles, was wir brauchten und es war schön zu sehen, dass die Iranerinnen und Iraner überall an der Strandpromenade verteilt ihre bunten Zelte aufgebaut hatten. Das machte uns trotz Krankheit irgendwie gute Laune. Der PCR-Test, den wir in einem halb verlassenen Krankenhaus machten, zeigte schließlich bei uns beiden ein positives Testergebnis an. Corona auf einer traumhaften Insel bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen… könnte wirklich schlimmer sein! Die Woche, die wir insgesamt ungefähr flach lagen, verbrachten wir teilweise mit Karina und Frieder (die sich natürlich bei uns angesteckt hatten, es jedoch locker nahmen) zusammen am Strand und teilweise in unserem Bus isoliert auf dem Schattenparkplatz hinter dem Qeshm City Center (wo uns der Manager des Einkaufscenters zwei Kuscheltierdinos schenkte). So ließ sich Corona für uns doch einigermaßen gut aushalten.

Yazd und Persepolis

Eine malerische Strecke führte uns im Februar 2022 nach Yazd. Wir kamen an einem Vulkankrater vorbei, füllten an einer Wasserstelle unseren Tank auf (den wir zwei Tage später wieder auskippen mussten, weil das Wasser irgendwie salzig schmeckte) und dort verbrachten wir auch die Nacht. 

Am nächsten Tag erkundeten wir eine Caravanserai bis wir schließlich über eine staubige, aber wunderschöne Route an die Stadtgrenze von Yazd kamen. Marco kochte uns ein Eggplant Stew, das es mit der iranischen Küche durchaus aufnehmen konnte.

Die Altstadt von Yazd ist wirklich niedlich. Kleine verwinkelte Gassen, glatte Mauern aus Lehm und Stroh, ab und zu ein offener, gemütlicher Dorfplatz, den man inmitten des Gassenlabyrinths nicht erwarten würde. Im Silk Road Hotel gönnten wir uns eine Dusche und lernten Anton kennen, einen jungen Berliner, der die gesamte Strecke bis in den Iran mit dem Fahrrad gefahren ist und auf dem Weg nach Pakistan war. Zusammen chillten wir bei uns im Bus, rauchten Shisha, hörten plötzlich einen Kinderchor, den wir uns auf dem benachbarten Marktplatz noch live reinzogen und gingen am Ende des Tages gemeinsam Essen. Die folgenden zwei Tage waren wir mit der Verlängerung unserer Visa beschäftigt und nutzten die Wartezeit, um endlich mal ein paar Souvenirs auf dem Bazaar zu kaufen. Wer weiß, wann wir das nächste Mal im Iran sind, oder?! Teppiche, Tücher, Schälchen, Teller, ein Tablett und zwei Figuren. Wir waren richtig erfolgreich beim Shopping – was nach anderthalb Jahren auch dringend nötig war, es wäre doch eine Schande, wenn wir von unserer Weltreise ganz ohne Schnickschnack nach Hause kommen würden. Die Visumsverlängerung klappte wie geplant und wir bekamen statt den üblichen 30 Tagen sogar 60 Tage gutgeschrieben. Ein netter Iraner zeigte uns noch seine Hühner im Hof, nachdem wir bei ihm Wasser auffüllen durften und ein Glas Orangensaft in die Hand gedrückt bekamen. Dann verließen wir die Stadt in Richtung Abarkooh, wo wir einen 4000 Jahre alten Baum (Cyprus Tree) bestaunten. 

Es folgten Fahrtage, Arbeitstage und Besichtigungstage – nämlich von den Felsgrabstätten bei Pasargad und natürlich vom UNESCO-Welterbe Persepolis, der altpersischen Ruinenstadt, die einst zu den Hauptstädten des antiken Perserreichs gehörte. Und dann ging es weiter nach Shiraz.

Wüstentour und Werkstattwochen

Mitten im Januar 2022 machten wir uns mit unseren Reisefreunden zusammen auf eine Wüstentour. Es ging mit vier Fahrzeugen durch die Maranjab Wüste grob in die Richtung von Yazd. Da ein Defender dabei war, der uns im Zweifel rausziehen konnte (was tatsächlich mehrere Male eingetroffen ist), trauten wir uns und fuhren mit. Es folgen nun ein paar Stichpunkte aus meinem Reisetagebuch sowie jede Menge professioneller Bilder von unseren Fotografen-Freunden (Instagram: @friedamaelle // @sebastian_schubbe // @olgaontour_ // @globelotte53).

1. Tag: Alles einkaufen, alles auffüllen, Kolonne in die Wüste, Lagerfeuer und Kohltopf. Übernachtung neben Sandhügel. 

2. Tag: Frauen-Yoga am Morgen. Eine Kamelherde zieht vorbei. Kleiner Dünenspaziergang mit Hündin Ayla. Tour zum nächsten Stellplatz. Sonnenuntergang mit Weitblick über die Dünen. Lagerfeuer und Gemüseeintopf. Übernachtung neben den Dünen.

3. Tag: Frühmorgendliche Dünenwanderung. Oben fallen ein paar Regentropfen. Weiterfahrt fernab von Straßen und Wegen. Defender zieht jeden Mercedes-Bus mindestens einmal aus dem Sand. Ein platter Reifen bei Globelotte. Lagerfeuer und Risotto. Übernachtung im trockenen Flussbett. 

4. Tag: Waldrians Hecktür hängt. Sackgasse an Steinbau. Platter Reifen beim Malteser. Fahrt über Staubpisten. Lagerfeuer, Musik und Frittierparty. Frittiert werden Pommes, Gemüse-Sticks, Falafel-Bällchen und Eier. Übernachtung auf Salzseefläche. 

5. Tag: Morgen-Yoga mit Hundebesuch. Abschied von Defender Olga. Kurz darauf fährt sich Globelotte fest, schafft es aber mit Sandblechen wieder raus. Wir verlassen die Wüste. Die Männer gehen ins Schwimmbad. Women are not allowed to swim. Stellplatzsuche im Konvoi. Gemüsesuppe im Malteser. Übernachtung am Ardestan Windfelsen.

Der Wüstentrip hat unseren Fahrzeugen einiges abverlangt. Zum Glück war eine Werkstatt-Straße (oder besser gesagt ein ganzes Werkstatt-Viertel) in Isfahan nicht weit. Dass aus einem geplanten Werkstatt-Besuch gleich zwei ganze Werkstatt-Wochen werden sollten, war uns natürlich vorab nicht klar. Aber irgendwie sind wir da plötzlich in einem kleinen Overlander-Paradies gelandet und von einem Projekt ins nächste geschliddert. Da konnten wir uns einfach nicht zurückhalten und man soll ja die Chance ergreifen, wenn sie sich einem bietet, oder? Auch an dieser Stelle möchte ich die Notizen aus meinem Reisekalender für sich sprechen lassen. Die Fotos sind diesmal wieder die üblichen Schnappschüsse aus unseren Handykameras.

Woche 1: Erst Hinterhofwerkstatt, dann Overlanding Brothers. Chai-Trinken bei Vrezh (aka Fresh) in der Werkstatt. Kantinenessen und Polizeibesuch. Arbeitstage auf Werkstatthof. Feierabend mit den Arbeitern am Dieselofen. Shoppingtour durch Tuning-Läden. Tee-Einladung beim Hausmeister. Reparaturen / Pimp my ride: Kabinenlager, Kadanwelle, Seitentür schließt wieder, Hecktür gefixt, Getriebe, Sitzbezüge, Beifahrer-Hupe. 

Woche 2: Schiebefensterbeauftragung. Falafel und Traubensaft. Schwimmbad nur für Männer. Gemeinsame Abende im Malteser. Hostel-Dusche für die Frauen. Vergnügungsparkhügel. Einkaufstour in der Isfahan Mall. Minibus-Werkstatt. Noch mehr Chai bei Vrezh. Arbeitstage auf Werkstatthof mit Tee-Tablett-Bringdienst. Falafelfamilie und Abschied Malteser. Marktbesuch Main Square. Einkaufsbummel ohne Geld. Abschiedskaffee bei Overlanding Brothers. Reparaturen / Pimp my ride: Schiebefenstermontur, Fensterverschlüsse, Kühlerschläuche, Cockpitvorhänge, Feuerlöscherkauf.

Der Januar sollte in Gesellschaft enden und der Februar in Gesellschaft starten. Ein willkommener Zustand, hatte ich mich doch in den Wochen und Monaten zuvor manchmal etwas einsam auf unserer Reise gefühlt. Natürlich habe ich mit Marco und Struppi tagtäglich die beste Gesellschaft, die ich mir überhaupt vorstellen kann. Doch wenn man ständig unterwegs ist, dann fehlen einem die festen und beständigen Sozialkontakte wie Freunde und Familie schon sehr. Umso schöner, dass wir den Malteser-Bus ein paar Tage später bei den Taubentürmen bereits wiedertrafen. Dort haben wir uns von vier gutgelaunten, jungen Iranern spontan breitschlagen lassen, den Abend gemeinsam bei einem Lagerfeuer zu verbringen. Die Jungs waren so übermotiviert, dass sie sich unbedingt um alles kümmern wollten: Holzsammeln, Feuermachen, Essen und Getränke besorgen. Überraschenderweise bestand das Essen schließlich aus zwei ganzen Hühnchen, die sie komplett für uns zubereitet und gegrillt haben. Ich glaube, wir haben ihnen an diesem Abend die größte Freude damit gemacht, dass wir zugesagt haben. Hach, ihr lieben Iraner, bei euch kann „geben“ so herrlich einfach sein und ist oftmals mit „nehmen“ gleichzusetzen. Da verschwimmen die Begrifflichkeiten, was völlig egal ist, denn am Ende geht es doch schlichtweg darum, zusammen eine schöne Zeit zu haben. 

Eine schöne Zeit hatten wir auch die nächsten Tage in der Khara Wüste, wo wir Edgar und Verena mit ihrem roten Bulli kennenlernten. Es folgte eine tolle Mischung aus Gesprächsrunden, Dünenspaziergängen, Arbeitstagen und gemeinsamen Kochabenden in Waldrian. Die folgenden Foto-Credits gehen an Frieda und Edgar (Instagram: @traumlichtfabrik). Kurz bevor wir aufbrachen, stießen auch noch die Ungarn dazu, die wir bereits aus Armenien kannten. So schön klein kann die Reisewelt manchmal sein (Instagram: @peteydx // @cilus_wanderlust).

Ach, und Marco hat auch noch ein paar hübsche Bilder gemacht:

Soldaten, Sandsturm, Silvester.

Normalerweise lieben wir Hauptstädte. Aber Tehran? Mit der Hauptstadt vom Iran sind wir nicht wirklich warm geworden. Tehran war für uns eine Stadt voller Autos, Smog und lautem Verkehr. Doch vielleicht tun wir dieser Stadt ja unrecht. Ein paar schöne Momente gab es schon. Zum Beispiel Marcos Besuch bei Iran Kodhro Diesel. Er verweilte dort zwei Stunden auf der Suche nach Ersatzteilen, zwar erfolglos, jedoch im kundenfreundlichen Beisein von mehreren Mitarbeitern, die ihr Bestes gegeben haben. Einen besonders tollen Abend verbrachten wir im Zuhause von unseren neuen iranischen Freunden Farshid und Ziba, die wir in Dizin kennengelernt hatten. Die beiden luden uns zum Abendessen ein und wir durften eine heiße Dusche bei ihnen schnorren. Wie in tausendundeiner Nacht fühlten wir uns beim Anblick von einem Mausoleum, auf dessen Parkplatz wir übernachteten. Leider bemerkten wir am nächsten Morgen neue rote Flecken bei Struppi am Bauch, die darauf hindeuteten, dass ihre Vergiftung noch nicht geheilt war. Aus diesem Grund mussten wir länger in Tehran bleiben als gedacht – und zwar mal wieder direkt neben dem Pet Hospital. Statt Weihnachten zu feiern bestanden unsere Feiertage darin, bei Struppi Blut abnehmen und ihr zweimal täglich Vitamin-K-Spritzen geben zu lassen. Als sie von den Infusionen mehrfach allergische Reaktionen bekam, die wiederum mit Anti-Allergie-Spritzen behandelt werden mussten, war sowohl für uns als auch für Struppi (die seitdem tierische Angst vor Tierärzten hat) die Grenze erreicht. Wir brachen die Dauertherapie ab, um uns allen eine Pause von den Strapazen zu gönnen. Natürlich behielten wir unseren Hund in den folgenden Wochen ganz genau im Blick, um sofort zu erkennen, falls die Symptome wieder auftreten würden. Um es vorweg zu nehmen: Seitdem blieb Struppi glücklicherweise symptomfrei in Bezug auf den Rattengift-Vorfall. Ende gut, alles gut!

Ein paar Tage blieben wir noch in Tehran und Umgebung, um im Notfall schnell wieder in der Tierklinik sein zu können. Wir besichtigten den Golestan Palast, der trotz gepfefferter Eintrittspreise sehr zu empfehlen ist. Vor allem die „Spiegelhalle“ hatte es uns angetan und wir hatten sichtlich Spaß am Fotoschießen.

Am nördlichen Stadtrand gingen wir in einer Flaniermeile richtig gut essen, spazierten durch den Park vom Saadabad Palast Komplex und ließen uns zu Silvester auf einem Parkplatz über der Stadt nieder, wo wir beim Abendessen einen Kellner mit dem kunstvollen Namen Renaissance kennenlernten, den wir am nächsten Morgen auf der Aussichtsplattform wiedertrafen. In der Silvesternacht 2021/22 lagen wir um Mitternacht übrigens bereits im Bett und hörten maximal zwei oder drei Raketen steigen. Unser westlicher Kalender scheint den Iranerinnen und Iranern also ziemlich egal zu sein. Am Neujahrstag fuhren wir eine Runde Bob, bekamen in der Bank beim Kontoauszugholen ein paar Blümchen geschenkt, verließen die Hauptstadt in Richtung Süden und erhielten beim Videocall mit meinem Bruder und seiner Frau die frohe Botschaft, dass Nachwuchs auf dem Weg sei. Mit herzergreifenderen Nachrichten kann ein neues Jahr gar nicht starten. Alles Gute der zukünftigen Familie!

Endlich durfte Struppi nach anderthalb Wochen Stadtleben wieder freilaufen. Wir suchten uns bewusst Plätze in der Natur, wo das möglich war. Ein besonders schöner Ort war der Salzsee bei Qom. Diese Naturkulisse ludt zur ausgiebigen Fotosession ein und wir fuhren den Steg mit Begeisterung rauf und runter. Als Schlafplatz fanden wir ein nettes Plätzchen in der Nähe, wo wir bereits mit dem Kochen vom Abendessen anfingen, als wir ein Auto mit Blaulicht auf uns zurollen sahen. Zwei Männer stiegen aus. Ein älterer Polizist und ein junger Soldat mit Maschinengewehr. Sie erklärten uns in Zeichensprache mit Englisch-Bruchteilen, dass dieses Gebiet eine No-Go-Area sei und wir mitkommen müssten, um Fragen zu beantworten. Keine Diskussion. Was folgte war ein fünfstündiges Verhör, in dessen Zuge wir zu mehreren Orten eskortiert worden sind. Der Soldat hieß Ali und war extrem nett. Er witzelte die ganze Zeit mit uns rum und beim ersten Stop, einem Militär-Stützpunkt, wo die erste Busdurchsuchung und mehrere Fragerunden erfolgten, zeigte er uns ganz stolz die Hundebabies. Weiter ging es nach Qom, wo das Passport-Office exklusiv für uns öffnen musste, um unsere Pässe zu kontrollieren. Wir erzählten erneut unsere Geschichte, tranken Tee und ließen unsere Dokumente scannen. Bei der letzten Station sollten eigentlich nur noch unsere Telefone kontrolliert werden, doch die Männer vor Ort forderten „all digital devices“, durchsuchten unseren Bus erneut und prüften in unserem Beisein mehr oder weniger sorgfältig die zahlreichen Geräte. Witzig war, dass mein Vater mir an diesem Abend „Der Adler ist gelandet“ per Messenger schrieb (weil ein Paket in Deutschland für uns angekommen war) und der Beamte besonders skeptisch nachfragte, wer denn dieser Mann sei. Nach einer letzten Runde Tee verweigerten wir die Unterschrift des Polizei-Berichtes mit der Begründung kein Farsi lesen zu können. Okay, no problem! Dann durften wir nach 5-Stunden-Verhör endlich gehen.

Von Qom aus fuhren wir über Kashan – ehrlich gesagt ziemlich spontan – in die Wüste Maranjab: Wellblechpiste, Sandspaziergang, Sternegucken, Morgenspaziergang, Wüstenfahrt zu den Dünen und auf den Salzsee – bis hierhin ein erlebnisreicher Ausflug und an Highlights nicht zu toppen. Doch es sollte noch erlebnisreicher werden, denn Marco wollte unbedingt noch um die Dünen herumfahren. Die Piste wurde schmaler, die Straße verwehte, wir dachten drehen wir mal besser um… und plötzlich steckten wir fest. Dummer Anfängerfehler, aber da standen wir nun. Alleine in der Wüste, ohne Sandbleche, kilometerweit keine Menschenseele. Etliche Versuche des Ausgrabens wollten einfach nicht funktionieren und es bahnte sich ein Sandsturm an. Wasser hatten wir genug, aber unsere Lebensmittel- und Kochgasvorräte waren knapp. Und zu allem Übel hingen an der letzten Klopapierrolle nur noch wenige Blätter Papier. Ach ja, der Internetempfang war ebenfalls bei Null. Doch wir hatten auch ein bisschen Glück, denn am Checkpoint vom Wüsten-Eingang wurde uns die Nummer eines perfekt englischsprechenden Iraners gegeben. Also riefen wir Michel (so war sein Name) an und nach langem Hin und Her (es war Wochenende und Feiertag, weshalb es wohl eigentlich verboten sei, in die Wüste zu fahren) konnte er uns ein Rettungsteam für schlappe 150 Dollar klarmachen. Das tat weh, aber okay: Deal! Wir schwörten uns an diesem Tag, niemals mehr unvorbereitet und allein in die Wüste zu fahren. Wir lernten, dass ein kleines Allradfahrzeug einen schweren Truck wie Waldrian aus dem Sand ziehen kann. Und wir wurden völlig überrascht als uns auf dem Rückweg unsere Reisefreunde Martina und Tobias (aka „Olga on tour“) mit ihrem Defender entgegenkamen. Per Satellit hatten sie unsere Nachricht empfangen und sind prompt losgefahren, um uns zu retten. Oh man, hätten wir ihre Antwort erhalten, hätten wir uns den teuren Rausziehdienst sparen können. Hätte, hätte. Der Auftritt der beiden war jedenfalls unbezahlbar und auch wenn wir uns bis heute noch gar nicht richtig revanchieren konnten, unsere ewige Dankbarkeit ist ihnen gewiss. Der Abend endete übrigens mit einer Einladung zum Tee bei Michel, den wir bei uns im Bus mitgenommen hatten. Er machte der iranischen Gastfreundschaft alle Ehre, indem er uns zwei Fliesen aus der bemerkenswerten Kunst-Werkstatt seiner Frau schenkte und uns später am Abend noch Suppe zum Bus brachte. Vielen Dank, wie aufmerksam!

Nach morgendlichem Busausfegen (es war seeehr viel Sand drin) besichtigten wir den Schrein in Bidgol. Am Eingang wurde mir ein Ganzkörper-Hijab in die Hand gedrückt. So erfuhr ich zwangsweise am körperlichen Laibe welche Einschränkung den Frauen hierzulande aus religiösen Gründen auferlegt wird. Das Kopftuch ist ein Witz dagegen (auch wenn ich es aus meiner Sichtweise bereits einschränkend genug finde). Aus Respekt hielt ich mich in der Öffentlichkeit natürlich trotzdem an die Kleiderordnung und verspürte dabei sehr oft Dankbarkeit dafür, dass ich in Deutschland die Freiheit habe zu tragen was ich will. Die Suche nach einer Dusche in Kashan endete in einem malerischen Hotel. Die Mitarbeiter waren super nett und so interessiert an unserer Reise, dass wir sie noch auf einen Sprung in unseren Bus einluden. Zudem wollten wir in Kashan unser Visum verlängern lassen. Der Behördengang klappte am Freitag nicht, weil Wochenende war (im Iran immer donnerstags und freitags). Am Samstag klappte es nicht, weil der Chef im Urlaub war. Am Sonntag hatten wir schließlich Erfolg und erhielten die Bestätigung, erneut 30 Tage im Lande bleiben zu dürfen. In der Zwischenzeit schauten wir uns die Stadt an, besichtigten ein historisches Badehaus, schlenderten über den Bazaar und trafen unsere Reisefreunde Frieda und Sebastian wieder. Sie wollten mit Olga und der Globelotte-Familie, die wir auch schon aus Armenien kannten, in die Wüste. Wir nutzten die Chance und schlossen uns an. Schließlich haben wir ja gelernt, uns nicht mehr allein auf eine Wüstentour zu wagen. Diesmal wollten wir besser vorbereitet sein: Wasserfüllen, Gasfüllen, Tanken, Wocheneinkauf und einmal alle Schrauben festziehen. Es gab noch ein Gruppentreffen am Wüstenrand mit Lagerfeuer zum Einklang und dann ging es am Sonntagnachmittag zusammen los. Eine Kolonne in die Wüste Maranjab. Diesmal richtig.

Wer wird Millionär?

Der Grenzübertritt Armenien-Iran hatte es Mitte Dezember 2021 echt in sich. Die Ausreise aus Armenien dauerte zwei Stunden, die Einreise in den Iran nahm zusätzlich drei Stunden in Anspruch. Doch die Strapazen lohnten sich, schließlich waren wir auf iranischer Seite nach Besuch der Wechselstube plötzlich Millionäre. Nach einer wunderschönen Fahrt entlang der aserbaidschanischen Grenze kamen wir abends in Jolfa an, wo wir unser erstes iranisches Restaurant aufsuchten und vom Manager prompt zum Essen eingeladen worden sind (ähm nein, das war kein Taarof – wir haben ernsthaft versucht zu bezahlen, sind jedoch kläglich gescheitert). Beim SIM-Karten-Kauf am nächsten Tag bekamen wir Unterstützung von dem Barista Yashar, der in seiner Heimatstadt Marand für seine Hilfsbereitschaft gegenüber internationalen Touristen bekannt ist. In unseren ersten Tagen im Iran lernten wir generell so viele nette und hilfsbereite Menschen kennen wie in keinem Land zuvor. Allein in Tabriz fallen mir der Videotyp vom Bazaar, der Ticketverkäufer in der Metro, der Manager im Touristenbüro, die Teppichverkäufer, der Suppenstampfer und die Unigirls ein. Durch die vielen Small-Talks dauert alles sehr viel länger. Beispielsweise die Autoversicherung abzuschließen hat mindestens zwei Stunden gedauert. Tanken bedeutete für uns ab sofort A) eine Tankstelle zu finden, die überhaupt Diesel anbietet und B) dort mehrere LKW-Fahrer anzuquatschen, ob wir deren Diesel-Karte benutzen dürfen. Doch auch dieser Aufwand lohnte sich, schließlich zahlten wir pro Tankfüllung umgerechnet ein bis zwei Euro (richtig gelesen: nicht pro Liter, sondern pro Füllung!!!). Auf der Suche nach Ersatzteilen probierte Marco bei Iran Khodro Diesel sein Glück. Im Iran fahren nämlich überall Minibusse rum, vom gleichen Modell wie unser Düdo. Ein Augenschmaus im Straßenverkehr. Außerdem freuten wir uns über die vielen Kurzhauber, die teilweise hochbeladen und prominent geschmückt waren. 

Ein weiterer Augenschmaus im Iran sind die vielen Moscheen, Gedenk- und Grabstätten. Das Mausoleum in Ardabil war für uns die erste Sehenswürdigkeit, die wir bewusst besucht haben. Wenn schon die Fassade prunkvoll war, dann stellt euch mal vor, wie es Innen ausgesehen hat (dort haben wir jedoch aus Respekt keine Fotos gemacht). Ein Augenschmaus jagt den nächsten, ein Gaumenschmaus jagt den nächsten. Unser neues Lieblingsessen: Hühnchen mit Reis. Häufig serviert mit zwei gegrillten Tomaten, einer halben Zwiebel und einer halben Zitrone. Struppis Lieblingsessen: Alles was auf dem Boden zu finden ist. Eine echt doofe Eigenschaft, die man einer ehemaligen Streunerin nur schwer abgewöhnen kann. Angeleint nimmt sie mittlerweile nichts mehr ins Maul, aber ohne Leine denkt sie sich: Friss oder stirb. Leider im wahrsten Sinne des Wortes, denn nach einem schönen Abend in Ardabil (mit Einladung zum Tee bei Locals) mussten wir am nächsten Morgen einen Tierarzt aufsuchen. 

Struppi hatte sich nachts mehrmals übergeben und neben Stuhlproblemen zählten auch ein geschwollenes Auge und merkwürdige Flecken am Bauch zu ihren Symptomen. Long story short: Der Tierarzt in Ardabil war nicht zu gebrauchen (Stichwort: Antibiotika-Cocktail), deshalb fuhren wir noch am gleichen Tag zu einer Tierklinik nach Rasht. Eine Horrorstrecke von 250 Kilometern, für die wir 8 Stunden benötigten. Während der Fahrt mussten wir unsere kranke Hündin betreuen, die abwechselnd an Durchfall und Erbrechen litt. Wir schrieben parallel unsere Veterinär-Kontakte in Deutschland und Armenien an, die per Ferndiagnose vermuteten, was das Team in Rasht später herausfand: Verdacht auf Intoxikation durch Rattengift. Drei Tage mussten wir im Pet Hospital bleiben (bzw. „wohnten“ wir in unserem Bus einfach davor). Struppi erhielt zahlreiche Vitamin-K-Infusionen und ihr Blut wurde täglich untersucht. Wir freundeten uns mit dem Klinik-Team an, bekamen Tee zum Bus gebracht und verabredeten uns am letzten Abend (als es Struppi wieder deutlich besser ging) sogar zu einer kleinen Spritztour ans Meer, wo die Mitarbeiter uns mit einem Lagerfeuer und BBQ überraschten. So hatte die schlimme Situation am Ende auch ihre guten Seiten. Ende gut alles gut?

Unser Hund war wieder fit wie ein Turnschuh, was uns Struppi bei einer kleinen Wald-Wanderung mit Begeisterung beim Sprinten durch das Unterholz bewies. Am Kaspischen Meer führte unsere Strecke immer der Küste entlang, wo Struppi bei einer ausgiebigen Spazier-Pause zum ersten Mal das Meer und den Strand kennenlernte. Sie hatte wahnsinnigen Spaß beim Herumtollen mit Muscheln, Möwen und Meeresrauschen. 

In Chalus sind wir morgens bei sommerlichen Temperaturen am Meer aufgewacht. Über eine traumhafte Pass-Straße erreichten wir mittags die weißbedeckte Höhe und wurden vom Schneeräumer-Team zum Chai eingeladen. Weiter ging unsere Fahrt durch die Winterlandschaft bis nach Dizin, einem Ski-Gebiet mit kleinen Chalet-Hütten, wo wir gleich mehrere abendliche Einladungen erhielten. Es war der 21. Dezember 2021 und die Iranerinnen und Iraner feierten die Yalda-Nacht. Die Einladung von einer besonders herzlichen Familie nahmen wir dankend an und fanden uns zu später Stunde in einer gutgelaunten Meute wieder – bestens versorgt mit Köstlichkeiten, Musik, Shisha und lustigen Getränken. Leider waren die Pisten geschlossen, sonst hätten wir am nächsten Tag bestimmt noch eine Ski-Fahrt gewagt. Aber so genossen wir noch eine letzte Runde Sisha auf der Familien-Veranda, bevor wir in Richtung Tehran aufbrachen.