One beer, two glasses.

Zurück von unserem dreitägigen Berliner Impfbesuch mussten wir in Tiflis erstmal wieder mit der Hitze klarkommen. Es war Mitte August 2021 und damit sicherlich die heißeste Zeit des Jahres in der Hauptstadt Georgiens. Also schnell raus aus der Stadt, ein paar Hundert Höhenmeter hinauf und in den Nationalpark Tiflis hinein. Wir blieben für Marcos Arbeitstage auf einem grünen Fleckchen neben einer Wasserquelle und einem niedlichen Holzhäuschen, wo wir an den Abenden frischgezapftes Bier und Grillspieße genossen. Selbst gekocht haben wir in den kommenden Tagen das georgische „Adjapsandali“ – eine Gemüsepfanne mit frischen Kräutern. Ein tierisches Highlight von unserem schönen Stellplatz: Nebenan gab es ein Bären-Gehege, das sich um gerettete Bären kümmert, die in der freien Wildbahn nicht mehr überleben könnten (weil sie beispielsweise aufgrund ihrer Vorgeschichte zu sehr an den Menschen gewöhnt waren). 

Etwas zu chaotisch und zu spontan ging unsere Reise weiter Richtung Nationalpark Tusheti. Wir stellten fest, dass wir an unserer gemeinsamen Reiseplanung noch arbeiten müssen. Es war schließlich die „most dangerous road in Georgia“, die uns als Pass-Straße bevorstand und die sollten wir nicht komplett unvorbereitet in Angriff nehmen. Wir fragten also bei den Einheimischen rum, ob die Straße zurzeit generell – und insbesondere mit unserem Fahrzeug ohne Allradantrieb – befahrbar wäre und ein paar hilfsbereite Jungs in Alvani erklärten uns „sometimes there are sheeps“ und „you should not drive drunk“. Da das Wetter weiterhin trocken und gut bleiben sollte, wagten wir es und starteten am nächsten Morgen los. Aus der Fahrt wurde eine Tagesaktion: Wir fuhren 80km über den Abano Pass (auf ca. 2900 Höhenmeter) von Pshaveli nach Omalo in 8 Stunden. Nach anfänglicher Aufregung und abenteuerlichen Abschnitten war die Strecke nach dem ersten Drittel erstaunlich leicht zu fahren und die Bergstraße war unserer Meinung nach in einem bemerkenswert guten Zustand. Da waren wir ganz andere Pisten gewöhnt. Dennoch war uns bewusst, dass ein Wetterumschwung die Straßenverhältnisse schnell verschlechtern könnte und tatsächlich hörten wir von anderen Reisenden ein paar Wochen später, dass ein Sturm im Oktober kilometerlange Passagen der Straße weggewaschen hatte. Das zeigt einmal mehr wie wichtig es ist, solche Strecken nicht einfach unbedacht zu befahren.

In Omalo angekommen blieb die Zeit für uns stehen. Okay, unser Fahrzeug blieb auch erstmal stehen, denn ganz unbeschadet hatte Waldrian die Passfahrt doch nicht überstanden und wir lernten die Dorfbewohner (und ihre Werkzeugkästen) in den ersten Tagen durch ihre tolle Hilfsbereitschaft beim Tausch unseres Motorlagers kennen. Es folgten zwei wunderschöne Wochen mit purer Bergdorfromantik. Ein Highlight in der ersten Woche war das Pferdereiten zum Oreti Lake. Wir ritten 6 Stunden lang (es waren insgesamt 24 Kilometer) auf dem Pferderücken durch steilen Wald und sanfte Wiesen. Ich glaube, unser Muskelkater war beinahe eine Woche lang zu spüren.

In der zweiten Woche fühlten wir uns im Dorf schon wie zu Hause, holten alle paar Tage unser Brot und etwas Käse auf den benachbarten Höfen, gingen in unserem Stamm-Gasthaus ein uns aus (abends bestellten wir standardmäßig zwei Teller Suppe und „one beer, two glasses“) und schafften es dann irgendwann sogar mal zu den historischen Wachtürmen hochzuwandern. Eine weitere Wanderung ins Nachbardorf Shenako machte zwar Lust auf mehr, doch Marcos Fuß war noch nicht stabil genug für eine Mehrtagestour (die wir jedem anderen ans Herz legen würden, denn der Nationalpark ist wirklich traumhaft schön und würde sich für ein mehrtägiges Trekking von Dorf zu Dorf wunderbar anbieten). Auf dem Rückweg über den Abano Pass hielten wir für eine Nacht bei der Torgva Heilquelle, vor der uns eine Frau im entgegenkommenden Auto zwar deutlich abriet („it’s dirty and there are strange people“), was uns jedoch nicht davon abhielt, dort trotzdem ein Bad zu nehmen. Die „strange people“ stellten sich schließlich als nette Opas heraus, die mit ihrem Auto dort steckengeblieben sind und denen wir am nächsten Morgen mit Abschleppseil eine kleine Starthilfe gaben.

Endlich hatten wir vollständigen Impfschutz und fühlten uns sicher genug, uns ins Hauptstadtgetümmel von Tiflis zu wagen. Die Lobby vom Fabrika-Hostel wurde unser zweites Zuhause (schon verrückt, wie durch die Reise das Wort „Zuhause“ für mich eine ganz neue Bedeutung bekommen hat), wir schnorrten uns eine Dusche und gönnten uns mehrere Abende hintereinander leckeres Essen im belebten Innenhof. Nur die Nächte im Bus an der (ebenfalls belebten) Straße habe ich immer noch laut und sehr heiß in Erinnerung. Das war wohl der Grund, warum wir beschlossen, den Rest der Stadt erst ein paar Wochen später weiterzuerkunden. Und so brachen wir Anfang September 2021 erneut in Richtung Berge auf.

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