Can you touch the queen?

Als wir für Marcos Arbeitstage auf dem Parkplatz vom Snow Hotel in Skardu standen (mit der Hoffnung auf eine stabile Internetverbindung, die sich leider nicht erfüllen sollte) bekamen wir Kirschen geschenkt. Das war ein guter Anlass, um mal wieder die Omnia Backform rauszukramen und einen Rührkuchen zu backen. Nach der Arbeit machten wir uns auf den Weg in den Deosai Nationalpark. Auf der ersten Hochebene war es kühl und sonnig. Die weitere Fahrt wurde abwechslungsreich mit Wind, Regen und Schnee. 

An einem idyllischen Bergsee übernachteten wir auf 4.000 Höhenmetern und wachten morgens komplett eingeschneit bei Minustemperaturen auf. Verrückt, wenn man bedenkt, dass im Rest des Landes teilweise über 40 Grad herrschten. Kurz vor Chilas erfuhren wir von unserem Freund Hussain, dass die Babusar-Pass-Straße für Fahrzeuge wieder geöffnet war. Auf dem Hinweg konnten wir diesen Pass nicht befahren und somit freuten wir uns, dass wir auf dem Rückweg nach Islamabad eine neue Strecke nehmen konnten. Ein paar Hürden gab es jedoch zu meistern, so wurden wir bei Chilas zunächst von einer Straßensperre und dann von einer Steinblockade aufgehalten. Auf der scheinbar sehr beliebten Pass-Strecke drängelten sich die Autos und Busse durch meterhohe Schneegassen. An einer Brücke wollte uns irgendein Soldat aufhalten, weil wir angeblich „no permission“ hatten, was uns sehr willkürlich vorkam und wir deshalb im Schritt-Tempo einfach an ihm vorbeifuhren. Rückblickend stellten wir fest, dass wir uns allein von Uniform und Maschinengewehr offensichtlich nicht mehr beeindrucken ließen. Unten im Tal gab uns schließlich eine Diskussion über Sexismus tiefe Einblicke in das patriarchalische Weltbild einer pakistanischen Männergruppe, die ihre Frauen angeblich wie Königinnen behandelten („Can you touch the queen?“) mich allerdings im gleichen Gespräch als „Flatscreen“ beleidigten („This is a woman?“) und die überwiegend vorherrschende Nichtanwesenheit von Frauen in der Öffentlichkeit mit „They have other interests!“ rechtfertigten.

Zurück in Islamabad standen wir ein paar Nächte lang in einer netten Nachbarschaft und warteten auf unser Visum für Indien. Ein Interview bei der High Comission stand noch aus. Während der problematischen Anfahrt zur indischen Botschaft durften wir uns bei zwei Österreichern hinten auf’s Motorrad schwingen, um wiederum zu einem Shuttle Service zu fahren, der uns innerhalb der Enklave zum Botschaftsgebäude fuhr. Mit den beiden Österreichern gingen wir an zwei Abenden hintereinander essen und schnorrten uns in ihrer Unterkunft eine Dusche. Die Nachbarschaft, in der wir standen, entpuppte sich als extrem modern und gastfreundlich. Wir kamen mit mehreren Familien ins Gespräch und wurden ständig superfreundlich mit Lebensmitteln beschenkt: Biryani, Lassis, Eis am Stiel, Eintopf, Brot, selbstgebackene Kekse. Uns wurde sogar an zwei Tagen Frühstück zum Bus gebracht. Das war einfach unglaublich. Schön war auch, dass die meisten dieser Begegnungen mit Frauen stattfanden. Generell haben wir das Stadtleben in Islamabad sehr fortschrittlich und entwickelt wahrgenommen im Vergleich zu dem einfachen Leben in den ländlichen Regionen Pakistans. Dann war es soweit und wir durften nach insgesamt 5 oder 6 Wochen Wartezeit endlich unsere Reisepässe inklusive Indien-Visa abholen. Statt den beantragten 12 Monaten mit Multiple-Entry bekamen wir immerhin 6 Monate mit Double-Entry (andere Reisende erhielten nur 3 Monate, da konnten wir also froh sein). Wir fuhren noch am gleichen Tag Richtung Lahore und schauten uns unterwegs eine Salzmine an. 

Danach ging es weiter nach Sheikhupura, wo wir ein zweites Mal unseren lieben Hussain besuchten. Unsere ungarischen Reisefreunde Peter und Cili waren auch dort und so wurde Hussains Zuhause zu einem tollen Overlander Treffpunkt. Mit seiner Hilfe ließen wir uns ein Stück pakistanische Truck Art anfertigen und am Bus anbringen. Allein dieses Kunsthandwerk und das dazugehörige Treiben auf dem Werkstatthof zu beobachten war ein ganz besonderes Erlebnis und seitdem fährt unser Waldrian ein bisschen bunter durch die Welt. Wir revanchierten uns mit einem Restaurantbesuch bei Hussain und seiner Frau. Dann hieß es Abschied nehmen. Wir verließen Pakistan Ende Mai 2022 mit vielen herzlichen Eindrücken und lange nachhallenden Erinnerungen in Richtung indischer Grenze. 

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