Auf dem Weg nach Areni überraschte uns Armenien wieder einmal mit einer atemberaubenden Berglandschaft. Ein bisschen wehmütig gingen wir dort eine Runde mit Struppi, denn so sehr wir unser Hündchen auch lieben, mit einigen Einschränkungen müssen wir ab sofort leben – zum Beispiel, dass wir mit einem Welpen und Junghund noch gar keine großen Wanderungen machen können. 5 Minuten pro Lebensmonat, so lautet eine Faustregel für die Dauer von Spaziergängen, bis der Hund ausgewachsen ist. Der Spaziergang war natürlich trotzdem schön und abends belohnten wir unsere Hundegeduld mit einem Wine Tasting in Areni. Am nächsten Tag folgte eine Passfahrt mit Kaffeepause an einer alten Caravanserai, wo Struppi in einem Moment der Unaufmerksamkeit einen spitzen Hühnerknochen vom Boden aufnahm und genüsslich verspeiste. Puh, mit einem Hund braucht man Nerven, damit man sich nicht rund um die Uhr Sorgen macht. Ist letztendlich nichts passiert und die Nerven konnte uns unser Kumpel und Veterinär Matze ein wenig beruhigen. Danke lieber Matze, dass du bei jeglichen Tierarzt-Fragen immer für uns da bist!
Die Strecke führte uns erneut an den Sewansee. Da war ein Besuch bei Struppis Hundefamilie doch naheliegend. Je näher wir kamen, desto nervöser wurde ich. Sind die Hunde noch da? Oder hat der Wurf die kalten Minustemperaturen nicht überlebt? Wird Struppi ihre alte Heimat wiedererkennen? Was passiert eigentlich bei so einer tierischen Reunion? Freuen sich die Vierbeiner oder wird das Revier aggressiv verteidigt? Doch die Neugierde überwog und ich freute mich enorm als Struppis potenzieller Papa in seiner liebenswürdigen Hundeart auf uns zugelaufen kam. Vom jüngeren Wurf (von der kleinen Hündin mit dem dunklen Fell) konnten wir immerhin ein Hundebaby erblicken, das einen munteren und gesunden Eindruck machte. Aber wo war Struppis Hundemama mit den Geschwisterchen?! Das große Tor zum Privatgrundstück der Deutschlehrerin war geschlossen, doch eine kleine Tür stand offen. Wir gingen hinein und auf der Terrasse von dem Haus, wo wir damals mit Julia und ihrem Mann einen Kaffee tranken, blickten uns freudig schwanzwedelnd Struppis Mama und eines der Geschwisterhunde an. Ein Hund pro Wurf scheint also der Armenische Überlebensdurchschnitt zu sein. Oder aber die anderen Hundewelpen haben bereits ein neues Zuhause gefunden, dieser Vorstellung darf man sich ja durchaus hingeben. Wir haben uns jedenfalls riesig über das tierische Wiedersehen gefreut. Später ließen wir Struppi noch kurz aus dem Bus, wobei das Aufeinandertreffen wie zu erwarten eher vorsichtig und distanziert vonstatten ging. Das Geschwisterkind wollte Struppi sogar wegbellen, doch die Mama wies es in die Schranken. Vielleicht gab es also doch einen kurzen Moment des Wiedererkennens zwischen Struppi und ihrer Mutter. Wäre doch irgendwie romantisch.
Okay, wir müssen aufpassen, dass der Inhalt in diesem Blog nicht nur noch aus Hundefotos bestehen wird. Aber wer schonmal einen Hundewelpen großgezogen hat, der weiß, wie einnehmend (und zuckersüß!!!) so ein Hündchen in den ersten Lebensmonaten ist. Ein kleines Highlight aus dieser Zeit (neben der tollen Entwicklung, die man tagtäglich beim Tier beobachten konnte) war der Kauf eines Hundebetts. Bis dahin hat sich Struppi nämlich während der Fahrt im Beifahrerfußraum an unseren Wäschesack gekuschelt und ist manchmal ordentlich hin- und hergerutscht. Das Bett war sofort ihr neuer Lieblingsplatz und Rückzugsort bei Tag und Nacht. Außerdem diente es während der Fahrt sozusagen als Puffer. In Kissen und Polster eingebettet lassen sich auch die übelsten Rüttelpisten gut aushalten.
Fast eine Woche lang standen wir in Jerewan bei der „Mother Armenia“ zusammen mit Frieda und Sebastian sowie einer ganzen Reihe anderer Overlander. Einen Ausflug in die Kneipe konnten wir uns trotz Corona nicht verkneifen. Auch Struppi machte neue Freundschaften, denn neben Pepite (den wir ja schon kannten) tobte in der Runde auch das Hundemädchen Ayla herum, die nur einen Monat älter war als Struppi und mindestens genauso spielbegeistert. Es folgte eine Wocher voller Erledigungen. Marcos Brille ging kaputt, also ab zum Optiker. Ein Ölwechsel in der Truck Werkstatt stand an. Noch ein Paket musste abgeholt werden (auf die Geschichte rund um Marcos iPhone-Austausch möchte ich an dieser Stelle verzichten). Wir gingen für den Iran shoppen, denn lange Klamotten mussten her. An einem echten Pechsträhnen-Tag kränkelten wir nicht nur, es fuhr uns zu allem Übel ein Typ zweimal (mit Absicht!) in unsere Fahrräder rein und dann ging auch noch unsere Heizung kaputt. Diesmal nicht die Motorheizung, sondern die Standheizung, die uns bei den zu dem Zeitpunkt herrschenden Minustemperaturen warm halten sollte. Aber Marco schaffte es, das Teil innerhalb eines Tages (tagsüber bei Sonnenschein) zu reparieren. Unsere Pechsträhne war also zum Glück schnell wieder vorbei.
Und dann hatten wir es auf einmal ziemlich eilig zur Iranischen Grenze aufzubrechen. Es war bereits Mitte Dezember 2021. Der Visumantrag über die Agentur wurde rasch bearbeitet und wir erhielten die ersehnte Zusage. Visum abholen, PCR Test machen, Gesundheitszertifikat beim Tierarzt einholen und dann innerhalb von drei Tagen am Grenzübergang sein. Das war ein straffes Programm. Bei einem Halt in Areni (wir wollten im Wine Tasting Souvenirladen, wo wir schonmal waren, eigentlich nur kurz ein hübsches Tischtuch kaufen) wurden wir nicht nur Zeugen eines LKW Unfalls (auf einmal knallte es und auf der Straße stieg dicker Rauch auf), dank Marcos blitzschneller Reaktion brachten wir unseren Feuerlöscher sofort an die Unfallstelle, wo die Fahrerkabine des einen Lastwagens bereits brannte. Wir holten noch weitere Feuerlöscher aus der unmittelbaren Umgebung und halfen dabei den Verkehr zu regeln, bis Feuerwehr und Krankenwagen eintrafen. Später erfuhren wir, dass der LKW Fahrer gerettet werden konnte. Hoffen wir, dass er mit nicht allzu schlimmen Verletzungen davongekommen ist. Der Tag endete bei den Vorotan Hot Springs, wo nicht nur Marco ein nächtliches Bad in der warmen Quelle machte, auch Struppi ist im Dunkeln versehentlich in den Naturpool geplumpst und hat bei ihrem ersten Tauchgang bewiesen, dass sie gut schwimmen kann. Morgens hab auch ich mich ins Wasser getraut. Ein natürlicher Whirlpool. Dann folgte ein weiterer Fahrtag über mehrere Bergpässe. Völlig fertig kamen wir abends etwa 20 Kilometer vor der Grenze an, tranken noch ein letztes Bier (auf Alkohol müssen wir im Iran ja erstmal verzichten) und fielen erschöpft ins Bett. Unsere letzte Nacht in Armenien war nicht besonders erholsam. Dank Coffee-to-go (in Armenien stehen überall an der Straße Kaffee-Automaten) rollten wir morgens trotzdem relativ fit dem Iran entgegen.