1-2-3 Feuerwerk.

Italien begrüßte uns mit Regen und Nebel (ein Wetter, das ich schon sehr bald vermissen werde). Der Grenzübergang war leer, wirklich keine Menschenseele. Durchgängig alle Personen, die uns auf den ersten Kilometern in Grenznähe begegneten, trugen ihren Mund-und-Nasenschutz an der frischen Luft (!) auf der Straße (!) trotz ausreichendem Abstand zu anderen Leuten (!) … puh, müssen wir das ab sofort auch ständig tun? Schnell stellte sich jedoch heraus, dass die Regelungen zur Maskenpflich in Italien ganz ähnlich sind wie in Deutschland. Also alles easy und entspannt, an den wichtigen Stellen – sprich in geschlossenen Räumen oder wenn man den Mindestabstand nicht einhalten kann – jedoch konsequent umgestetzt (was einem dann ja auch wieder ein gutes Gefühl gibt). 

Der Regen ließ schnell nach und wir erreichten den Iseosee in der Lombardei bei abendlichem Sonnenschein. Dank der Park4Night App fanden wir einen praktischen Stellplatz in der Ortschaft Marone in der Nähe von einer öffentlichen Strandwiese. Der Strand hatte alles was das Herz begehrt: Einen Zugang zum See, eine kleine Bar mit Toiletten und eine kalte, aber äußerst erfrischende Draußendusche. Den Samstagvormittag verbrachten Marco und ich mit einer ausgiebigen Fahrradtour entlang des Sees. Als wir zurückkamen, wartete bereits eine weiße Schrottkarre (ähm, ein topmoderne Sprinter, meine ich) auf uns. An der Seitenwand die vertraute rote Aufschrift „1-2-3 Feuerwerk“. Zwei grinsende Gesichter strahlten uns aus der Fahrerkabine an. Was für ein schönes Gefühl es ist, gute Freunde zu treffen. Noch dazu in Italien. Tobi und Jule sind für einen Teil ihres Urlaubs in dem benachbarten Örtchen Zone untergekommen und wir haben es sehr genossen mit den beiden die nächsten zwei Tage zu verbringen. Es kam richtig Urlaubsfeeling auf. Typische Strandtage mit Sonnenbad und Abkühlung im See, Biertrinken und Kartenspielen (Marco hat versucht uns das schweizerische Jassen beizubringen), abends mit den Fahrrädern durch Marone düsen und in einem Restaurant mit Seeblick schlemmen (nochmals vielen Dank für die Einladung, lieber Tobias). 

Aufgrund schwindender Fahrtüchtigkeit wurde beschlossen mit beiden Bussen auf dem Strandparkplatz zu pennen (Vorteil: nachts Baden inklusive). Und da in Italien viele Geschäfte auch am Sonntag geöffnet haben, konnten wir in spitzenmäßiger Teamarbeit ein hammer Frühstück auf die Beine stellen, das wir zusammen in „Café Waldrian“ verspeisten. Ein zweiter Tag mit Chillen am Strand folgte. Später am Nachmittag hatten wir Bock auf Aktivität und fuhren mit den beiden Bussen die Serpentinen hoch nach Zone, um dort die kegelförmigen Erdpyramiden zu besichtigen (wer zu deren Entstehung mehr wissen will, siehe Wikipedia). Abgerundet wurde der Tag mit einem richtig leckeren Abendessen im Dorfkern von Zone. Typisch italienische Küche. Ich möchte behaupten, das war die beste Lasagne meines Lebens. Zudem trug der Abend bei Marco und mir zur Einführung einer neuen Gewohnheit bei: „Antipasti essen“. Seitdem bereiten wir uns wirklich jeden Nachmittag im Bus einen gemischten Antipasti Teller zu, den wir als Zwischensnack oder anstelle einer Hauptmahlzeit verspeisen. Das geht schnell, spart Abwaschwasser und ist noch dazu leicht und gut bekömmlich.

Am Montag hieß es dann Abschied nehmen. Tobi und Jule besuchten uns noch einmal kurz an unserem neuen Stellplatz im Grünen, bevor sie für einen Tagesausflug weiter nach Verona fuhren. Auch wir wollten nach diesem wunderschönen Wochenende wieder auf die Straße. In unserem gewohnten Schneckentempo ging es los in Richtung Gardasee. Die Fahrt entpuppte sich jedoch als Höllenritt. Jaaa okay, vielleicht übertreibe ich ein wenig. Aber es war einfach extrem heiß. Extrem! Heiß! Und so führten wir an diesem Tag noch eine neue Gewohnheit ein: „Runa abkühlen“. Wir planen unsere Route ab sofort immer mit einem Zwischenstop an einem (idealerweise fließenden) Gewässer. 

Nach der übertrieben heißen Fahrt an diesem übertrieben heißen Tag wurden wir abends am Gardasee immerhin mit einem Bilderbuch-Sonnenuntergang belohnt.

Der komplette See war von zarten Pastellfarben überschleiert und zauberte eine mystische Atmosphäre. Ein weiteres Highlight war die Schwan-Familie mit ihren heranwachsenden Jungschwänen im grauen und weißen, buschigen Gefieder.

Noch ein kurzer Abstecher in eine Cocktailbar und dann wollten wir einfach nur noch schlafen gehen. Hatten wir uns so gedacht. Die Nacht am Gardasee war allerdings der Horror. Okay, ganz so schlimm auch wieder nicht. Aber wir parkten direkt an einer Hauptverkehrsstraße (wegen Parkplatzmangel für Gefährten über 2,30 Meter) in einer Parknische ungefähr 10 Zentimeter von den vorbeibretternden Autos entfernt und wurden nachts um 2 (als zumindest der Autolärm auf ein erträgliches Maß gesunken ist) von zwei mutmaßlich betrunkenen Fahrraddieben geweckt. Der Diebstahl blieb glücklicherweise erfolglos für die beiden. Aber einer von ihnen hat doch tatsächlich versucht unsere Räder vom Fahrradheckträger zu lösen, indem er die Festzurrgurte öffnete. 

Mitten in der Nacht. Ich schrecke von verdächtigen Geräuschen am Bus auf. Blick nach draußen. Ein Typ vor dem Bus, er wartet ungeduldig. Ein Typ hinter dem Bus, er fummelt an unseren Rädern rum. Alter! Merkst du nicht, dass die Fahrräder am Heckträger zusätzlich mit Abus-Schlössern fest angeschlossen sind? – denke ich mir. Ich klopfe wie wild an die Scheibe. Er guckt mich verwirrt an. Hat wohl nicht damit gerechnet, dass da Leute im Fahrzeug sind. Nichts passiert, nur Blickkontakt. Ich schüttel verständnislos den Kopf. Er fängt an mit seinen Händen ein Lenkrad zu imitieren und zeigt in Richtung Straße. Fragt der Typ mich gerade ernsthaft, ob wir ihn ein Stück mitnehmen? „No!“ – rufe ich. Er zuckt noch kurz mit den Achseln, dann hauen die beiden Typen ab und schlendern zu Fuß die Straße runter.

Was war das denn?! Nach dieser merkwürdigen Situation lag ich gefühlt stundenlang hellwach im Bett bis ich dann irgendwann in einen unruhigen Schlaf verfiel. Trostpflaster am nächsten Morgen war ein Badegang im Gardasee, der uns half wieder einigermaßen klarzukommen. Schnell weg aus der Touristengegend. Die Tagesroute führte uns nach Zevio (bei Verona). Marco hatte uns einen Wiesenparkplatz mit Bäumchen herausgesucht. Er lag direkt an einem Fluß, der unter einer Brücke hindurchlief. Schatten, kaltes Wasser, Nichtstun. So ließ es sich bei der Hitze aushalten. Das kann man übrigens auch bei den Einheimischen gut beobachten – das Herumlungern auf schattigen Parkplätzen ist der Hit in Italien. Abends war ich sogar fit genug für eine anderthalb stündige Yoga-Session auf Waldrians Dach (an dieser Stelle vielen Dank an meine Mama für den Tipp mit der Yoga Vidya App). 

Next Stop: Paradise Beach. Hoffentlich ist der Name auch Programm, dachte ich mir noch. War dann auch so. Wir wurden nach einer Radfahrt durch wildes Naturschutzgebiet überrascht von einem Sandstrand mit traumhaftem Zugang zum warmen See. Wie Urlaub am Meer, nur mit Süßwasser und ohne Touristen.

Piazzola sul Brenta, so heißt die angrenzende Stadt. Die Brenta ist der Fluß, der sich um den paradiesischen See schlängelt. Übernachtet haben wir mit Waldrian auf einem Parkplatz in der Stadt, wo wir von einem Einwohner großen Respekt für unseren Bus ernteten. Generell bekommen wir von den Italienern oft positive Reaktionen auf unser Gefährt, so wird uns häufig freudig zugewunken oder ein Daumen-hoch gezeigt. Mega schön solche Gesten. 

Die Temperaturen sanken trotz Schattenplatz in der Nacht leider trotzdem nicht unter 26 Grad. Ach ja, und unsere neuen treuen Freunde (nachdem wir uns von Jule und Tobi ja leider wieder verabschieden mussten) sind übrigens die Mücken. Ah pardon, die Hitze und die Mücken. Wir wollen ja niemanden vergessen. So entwickelte sich bald noch eine neue Gewohnheit bei uns (aller guten Dinge sind bekanntlich drei): „Klimatisiert einkaufen“. Da wird der Besuch von klimatisierten Geschäften (wahlweise Supermärkte, Baumärkte oder Campingausstatter) zum ausgedehnten Hobby. Der Einkauf selbst zur Nebensache.

Morgen geht es nach Venedig. Am meisten freue mich auf das Wasser. Und auf die kleinen, verwinkelten, schattigen Gassen.

5 Gedanken zu „1-2-3 Feuerwerk.“

  1. haha oh wie schön… ! das sieht nun nach sehr viel spaß aus, nach dem holprigen start!
    ich bekomme direkt ein grinsen beim lesen.
    und so tolle neue gewohnheiten! ich möchte dann gern mal mit euch antipasti essen. 🙂 und abkühlen!
    und ein foto vom yogieren auf waldrians dach würde ich auch gerne mal sehen!

    :-* weitermachen!

  2. Wir danken euch, dass wir auf diese Weise an eurer Reise teilhaben dürfen. Es macht Freude eure interessanten Berichte zu lesen! Weiterhin alles Gute euch beiden.

  3. Sehr schöööööne Fotos „Freude“
    Das Joga auf dem Dach würde ich auch gerne sehen
    Ihr schreibt gut
    Freue mich auf die nächsten Beiträge
    Tolle Erlebnisse habt ihr schon gehabt :)))

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